Danke von den Multis

STEUEROASEN In der Eurokrise verordnete die Troika der Dubliner Regierung – und damit den Iren – einen strikten Sparkurs. Nur die niedrigen Unternehmensabgaben wurden nicht angetastet

DUBLIN taz | Irlands Wandel zum Steuerparadies begann 1987. Damals schlossen Gewerkschaften, Arbeitgeber und Staat einen Sozialpakt, in dem sie Steuersenkungen, aber nur geringfügige Lohnerhöhungen vereinbarten. Der Sozialpakt galt zunächst für drei Jahre, wurde aber verlängert. Gleichzeitig lockte die Industrieansiedlungsbehörde multinationale Konzerne mit niedriger Körperschaftsteuer, schlüsselfertigen Fabriken sowie gut ausgebildeten, englischsprachigen und anfangs billigen Arbeitskräften nach Irland.

Und die Konzerne kamen, vor allem aus den USA – schon bald trugen sie fast die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts bei. Mit 124 Milliarden Euro investierten US-Firmen in Irland bis Ende 2009 mehr als in China, Russland und Brasilien zusammen. Deutschland ist mit rund hundert Unternehmen in Irland vertreten.

Als der Crash kam und Irlands Banken mit Hilfen von rund 65 Milliarden Euro gerettet werden mussten, verordnete die Troika der Dubliner Regierung einen strikten Sparkurs: Sie kürzte die Gehälter im öffentlichen Dienst, senkte Sozialausgaben und Investitionen. Die Mehrwertsteuer stieg auf 23 Prozent, manch neue Steuer wurde erfunden. Nur die Körperschaftsteuer von 12,5 Prozent blieb unverändert. Das hatte sich Irland in einer Sonderklausel zum Vertrag von Lissabon garantieren lassen. Die Unternehmen dankten es: Mehr als tausend Multis haben ihren europäischen Sitz auf der Grünen Insel – die bekanntesten sind Ebay, Amazon, Facebook, Twitter, Dropbox, Airbnb, Intel, Paypal, Google und eben Apple.

Aber sie zahlen nicht mal die läppischen 12,5 Prozent Unternehmensteuer – dank „Double Irish“. Das ist ein legaler, wenn auch unmoralischer Steuertrick. Google macht es zum Beispiel so: Die Zentrale in den USA lizenziert ihre Technologien an die Firma Google Ireland Holdings, der auch die dortige Google-Niederlassung mit rund 2.000 Mitarbeitern gehört. Diese generiert rund 90 Prozent des Umsatzes, den Google außerhalb der USA macht. Google Ireland Limited wiederum muss in Irland weniger als ein Prozent seines Umsatzes versteuern, weil der Konzern Lizenzgebühren an die Google-Niederlassung auf den Bermudas zahlt. Das Geld geht nicht direkt dorthin – weil sonst irische Steuern fällig würden –, sondern nimmt einen Umweg über die Niederlande, denn laut irischem Recht sind Lizenzzahlungen innerhalb der EU viel günstiger.

Google Netherlands, das keinen Angestellten hat, kann 99,8 Prozent des Geldes steuerfrei auf die Bermudas weiterleiten. Deshalb heißt der Trick auch „Dutch Sandwich“. RALF SOTSCHECK