DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Spiegel für den Dorfproll

WAS SAGT UNS DAS? Kinogänger prosten den trotteligen „New Kids Turbo“ mit Dosenbier zu

Das Vokabular der „New Kids“: „Scheiße“, „Mongo“, „Homo“, „ficken“ und „Junge“

Och nö, ihr wollt euch doch nicht den Abend versauen! Ick hab dit neulich schon zu den nett aussehenden Mädels jesacht, die da reinwollten – nee, ey, macht dit ma nich …“ Die freundliche Dame an der Kinokasse möchte uns partout keine Tickets für „New Kids Turbo“ verkaufen – den Film, in den angeblich seit Ostern massenweise Zuschauer mit Vokuhila und rucksackweise Dosenbier rennen, um dort fünf niederländischen Prolls zuzujohlen: „Nö, das war nur am Anfang. Dit war schlimm – ich glaub, die hatten sich übers Internet verabredet.“

Da könnte was dran sein. Schließlich haben die „New Kids Turbo“ in der Startwoche mit über 200.000 Zuschauern erst mal die Charts erobert. Voller Begeisterung wurden die Geschmack- und Hirnlosigkeiten, die Vulgarität und political incorrectness der Obertrottel aus dem Kaff Maaskantje bejubelt, deren Vokabular sich im wesentlichen auf „Scheiße“, „Mongo“, „Homo“, „ficken“ und „Junge“ beschränkt.

Warum nur? Weil es zum einen immer Spaß macht, über jemanden zu lachen, der noch blöder ist als man selbst. Aber das allein reicht nicht zum kommerziellen Erfolg, denn der zeitgleich gestartete Film „4 Lions“ über vier nicht allzu helle Dschihadisten landet weitab vom Platz sechs der „New Kids“ auf dem 17. Rang der Kinocharts. Also so platt wie möglich und mit Spiegelmöglichkeit für den Dorfproll sollte es dann schon sein.

Zum anderen gibt es da natürlich die ironische Metaebene, die das Actionkino und das Unterschichten-Doku-Fernsehen zitiert und gleichzeitig vermeintliche Sozialkritik übt. So von wegen: Ich verliere meinen Job und kriege keine Stütze, also zahle ich auch für nichts mehr und nehme mir, was ich will – yiiiiehaa!!

Bis zum 8. Mai hat sich die Zuschauerzahl zwar verdoppelt, aber der Hype ebbt eher ab – zumindest lassen darauf die nur elf Zuschauer im Berliner Kino schließen. Darüber kann man nun erleichtert sein: Der Niedergang der abendländischen Zivilisation ist womöglich doch noch aufschiebbar.

Aber ein Gutes verheißt der vermeintliche „New Kids Turbo“-Hype, der mit Clips bei YouTube und Comedy Central befeuert wird: das Ende des 80er-Revivals, das seit fünf Jahren überfällig ist.

Gut, die Neunziger könnten einen besseren ersten zweiten Auftritt haben als mit geschmacklichen Eurotrash-Entgleisungen – aber es ist zumindest mal eine neue Zumutung, die uns heimsucht. Und das Neue ist mitnichten der Freund der klingelnden Kinokasse: „Fast and Furious 5“ lässt mit 1,5 Millionen Zuschauern in der zweiten Woche die „New Kids“ weit hinter sich. Und, wie die Jungs sagen: „Das geht erst richtig los, Junge!“ JULIA NIEMANN