FREMDE MÄNNER 2
: Nummer 212

Die taz als Kontaktbörse, wer hätte das gedacht

Es passiert nicht so rasend oft, dass mich Unbekannte zum Kaffee einladen. Neben dem nötigen Kleingeld gehört eine Portion Mut dazu. Leider sind die, die sich trauen, mich anzusprechen, oft Männer, bei denen ich mich frage, wo sie den Mut hernehmen. Neulich schrieb ich an dieser Stelle über zwei von diesen Exemplaren und dass ich mich gern zum Kaffee einladen lasse. Einige Tage später bekam ich eine Einladung. „Liebe Barbara Bollwahn“, schrieb ein Mann in einer Mail, „da Sie sich, wie ich las, freuen, von fremden Männern zum Kaffee eingeladen zu werden, möchte ich Ihnen diese Freude gerne auch machen.“ Besonders gefiel mir das Wörtchen „auch“. Es klang so, als würde er damit rechnen, eine Wartenummer ziehen zu müssen.

„Die Kaffeeeinladungen beziehen sich ja auf zufällige Begegnungen“, schrieb ich zurück. „Wollen Sie also warten, bis wir uns zufällig über den Weg laufen, und dann sprechen Sie mich an?“ Kaum war die Antwort raus, machte ich mich im Internet über den Unbekannten schlau und erfuhr, dass er Redakteur einer großen Nachrichtenagentur ist, die von sich sagt, dass ihr Erfolg „auf dem Engagement unserer Mitarbeiter beruht“. Das mit dem Engagement konnte ich nur bestätigen. Statt den Zufall entscheiden zu lassen, verabredeten wir uns im „Oberholz“ am Rosenthaler Platz. Statt auf einen Kaffee ließ ich mich auf ein Glas Weißwein einladen.

„Wie viele haben sich denn gemeldet?“, lautete tatsächlich seine erste Frage. Er stellte sie so ernsthaft, dass ich mich verpflichtet fühlte zu antworten: „Ich glaube, du bist die Nummer 212.“ Ich erfuhr, dass er nach vielen Jahren in Brüssel und einiger Zeit in Hamburg relativ neu in Berlin war. Die taz als Kontaktbörse, wer hätte das gedacht. Er spendierte mir aus seiner „Kaffeekasse“, wie er es nannte, ein zweites Glas. Weitere Einladungen nehme ich gern entgegen.

BARBARA BOLLWAHN