Nazi-Alarm am Mayday

Der größte bundesweite Neonazi-Aufmarsch seit Jahren trifft in Dortmund auf breiten Widerstand. Polizei spricht von einer „besonderen Dimension“, schränkt aber die Aktivitäten der Nazi-Gegner ein

VON HOLGER PAULER

Mehr als 1.000 Neonazis werden morgen in Dortmund aufmarschieren. Das Motto: „Tag der nationalen Arbeit“. Bundesweit bekannte Führer der extremen Rechten wie der NPD-Chef Udo Voigt, der Neonazi-Ideologe Christian Worch oder lokale Größen wie Siegried „SS-Siggi“ Borchardt werden erwartet. Verfeindete Gruppierungen treten erstmals seit langem gemeinsam auf. Mehrere Tausend Gegendemonstranten haben sich angekündigt. „Das wird die größte Neonazi-Demo der letzten Zeit – ich befürchte fast seit 1945“, sagt Friedrich Stiller, Sprecher des Dortmunder Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus.

„Der Tag hat auch für Dortmunder Verhältnisse eine besondere Dimension“, so Polizeipräsident Hans Schulze. Die Stadt steht seit Jahren im Blickpunkt rechter Aufmärsche. „Das wird die zentrale Veranstaltung der Neonazis, seit einem Jahr wird dafür in Deutschland und dem benachbarten Ausland geworben“, erklärt der Polizeichef. Ursprünglich sollte die Veranstaltung einen „Event-Charakter“ bekommen – mit Musikauftritten und Grillrunden. „Wir haben das durch Auflagen stark beschränkt.“

Die Route der Gegendemonstrationen hat die Dortmunder Polizei aber ebenfalls stark eingeschränkt und vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen recht bekommen. Zugleich haben lokale Kirchengemeinden auf Wunsch der Polizei ein bürgerliches Fest „Bunt statt Braun“ vom Aufmarsch wegverlegt. Eine Kundgebung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BDA) wurde verboten. Die Gegendemonstranten wollen sich von den Einschränkungen dennoch nicht entmutigen lassen. „Diesem Versuch der Neonazis, ihre als ‚Kapitalismuskritik‘ verbrämten antisemitischen Wahnvorstellungen zu präsentieren, gilt es entschlossenen Widerstand entgegenzusetzen“, heißt es in einem Aufruf der Antifa.

Der DGB will im Anschluss an seine traditionelle Maikundgebung im Westfalenpark vor der alten Synagoge gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen demonstrieren. Das Dortmunder „Bündnis gegen Rechts“ und VVN/BDA mobilisieren ebenfalls zur Maikundgebung, um anschließend Kundgebungen an NS-Opfer-Denkmälern und Stolpersteinen abzuhalten – ohne direkte Konfrontation.

Schließlich verfolgen die Neonazis eine durchsichtige Strategie: „Die NPD versucht Themen von allgemeiner Bedeutung aufzugreifen“, erklärt Dagmar Pelzer, Sprecherin des Verfassungsschutzes. So wolle die Partei über soziale Themen an die Bürger herankommen. Auch der NPD nahe stehende Organisationen setzen auf vermeintliche Volksnähe. Unter dem Motto „Gemeinsam gegen Kapitalismus, Ausbeutung und Arbeitslosigkeit“ versammelte die neonazistische Gruppe „Freie Kameradschaft Nationale Offensive Schaumburg“ am Samstag rund 100 Gefolgsleute in Paderborn. 2.000 Gegendemonstranten sorgten dafür, dass die Rechtsextremen dort in der Minderheit blieben.