glossenjournalismus: witzloses aprilwetter
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Glossenschreiber haben es nicht leicht. Den ganzen Tag lümmeln sie am Schreibtisch, kauen ihre Fingernägel ab, starren aus dem Fenster, aber ein Thema, das stellt und stellt sich nicht ein … – Moment mal! Fenster? Draußen? Das ist es! Wenn es ein Gesetz der Glosse gibt, dann das: Wetter geht immer! Noch besser: das Aprilwetter. Das Aprilwetter in Zeiten des Klimawandels. Das ist es! So zu beobachten in der Qualitätspresse am Wochenende. Im „Streiflicht“ auf Seite eins der Süddeutschen, in der Randspalte auf der Feuilleton-Seite eins der Frankfurter Allgemeinen und in der Seite-eins-Glosse der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: überall das Aprilwetter. Gähn, schnarch, ratz. Das sind schon nicht mehr die berühmten auf der Glatze gedrehten Locken. Das ist das Naheliegende. Das Naheliegende aber hat nie Witz. Witz jedoch bedeutet Geist. Und die Abwesenheit von Geist, das ist, im April über das Aprilwetter zu schreiben und den Text mit literarisch geflügelten Worten und ähnlichen Windbeuteleien aus dem Hause Büchmann aufzuplustern. Es lebe der Glossenjournalismus.