Wenigstens etwas mehr Lohn

Arbeitsminister Laumann führt verbindliche Löhne im Hotel- und Gastgewerbe ein. SPD und Gewerkschaft hoffen nun auf einen Durchbruch für den gesetzlichen Mindestlohn

VON HOLGER PAULER

Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann möchte auch in Zukunft freundlich bedient werden. Der Christdemokrat hat gestern erstmals die Tariflöhne der 180.000 Beschäftigten von Hotels und Gaststätten in NRW für verbindlich erklärt. „Im Hotel- und Gaststättengewerbe fand in den vergangenen Jahren ein Unterbietungswettlauf auf Kosten der Beschäftigten statt“, sagte Laumann. Dieser Wettbewerb soll nun unterbunden werden.

„Dies ist ein erster richtiger Schritt, um den freien Fall der Löhne zu stoppen“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Anja Weber. Allerdings warne sie davor, die Tarifparteien in Zukunft alleine zu lassen. „Wir brauchen bundesweit einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro“, sagte sie.

Bislang scheiterte dessen Einführung vor allem am Widerstand der CDU. Ob der Vorstoß Laumanns einen Sinneswandel innerhalb der Partei einläutet, ist offen. In der Großen Koalition in Berlin sind die Fronten jedenfalls verhärtet. Vize-Kanzler Franz Müntefering (SPD) hat am 1. Mai seine Forderungen nach einem „Auffanglohn“ bekräftigt, CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte dagegen, dass es „einen flächendeckenden Mindestlohn“ mit seiner Partei nicht geben werde – zumindest nicht in der von SPD und Gewerkschaften geforderten Form.

Laumann hat Forderungen nach einem bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn bislang immer wieder zurückgewiesen. Als Bundesvorsitzender der CDU-Sozialausschüsse (CDA) sitzt er dabei zwischen den Stühlen. Seine Organisation sammelt gemeinsam mit der SPD Unterschriften für die Garantie auf 7,50 Euro pro Stunde.

Sozialdemokraten in Bund und Land hoffen jetzt, Laumann auf ihre Seite ziehen zu können. „Nun muss der CDU-Minister auch den zweiten Schritt gehen und unsere Forderung zum Mindestlohn unterstützen“, sagte Rainer Schmeltzer, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. „Wir brauchen für die bundesweit 4,4 Millionen Beschäftigten, deren Löhne in Zukunft Opfer von Lohndumping werden könnten, eine feste Untergrenze.“ Gerade als CDA-Vorsitzender sei Laumann nun gefordert.

Immerhin scheint sich der Arbeitsminister gegen den Widerstand in seiner Partei durchsetzen zu wollen: „Die Beschäftigten in NRW brauchen Sicherheit vor sittenwidrigen Löhnen. Daher habe ich im Hotel- und Gaststättengewerbe erstmals Tariflöhne für allgemeinverbindlich erklärt“, sagte Laumann gestern. Dies sei ein „Beweis für die Funktionsfähigkeit der Sozialpartnerschaft in NRW“.

Und zumindest Kellner, Zapfer und Portiers können sich freuen. In der untersten Lohngruppe, also bei Tätigkeiten ohne jegliche Qualifikationsvoraussetzungen, haben alle Arbeitnehmer mit Vollzeitbeschäftigung nun Anspruch auf ein Monatseinkommen von mehr als 900 Euro. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände hatten sich zuvor für die „Allgemeinverbindlichkeit des Entgelttarifvertrages“ im Hotel- und Gaststättengewerbe ausgesprochen.

Das Problem im Hotel- und Gaststättengewerbe ist, dass Nordrhein-Westfalen eines der letzten Länder ist, in denen ein Tarifvertrag zustande kam. Löhne von knapp über fünf Euro seien da keine Seltenheit, sagt der NGG-Bundesvorsitzende Franz-Josef Möllenberg. 720.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verteilten sich bundesweit auf 240.000 Betriebsstätten. Es sei schwierig, „dort eine wirksame Interessenvertretung sicherzustellen“, so Möllenberg. Der gesetzliche Mindestlohn sei daher ein wirksames Instrument, um weiteres Lohndumping zu verhindern. Und um den Service für den Minister auch in naher Zukunft zu sichern.