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In der Subventionsaffäre an der FH Gelsenkirchen wird ein Beamter der Landesregierung verhaftet. Die taz hatte bereits im März auf dessen gute Kontakte zu den Hauptverdächtigen hingewiesen

VON KLAUS JANSEN
UND MARTIN TEIGELER

Im Skandal um veruntreute Fördermittel im Umfeld der Fachhochschule Gelsenkirchen ist gestern erstmals ein Mitarbeiter der Landesregierung verhaftet worden. Ministerialrat Rainer D., seit Dezember 2005 beschäftigt im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium und während der Regierungszeit von Rot-Grün unter Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) für die Vergabe von Strukturfördermitteln verantwortlich, wird von der Staatsanwaltschaft Bochum Bestechlichkeit und Beteiligung am Subventionsbetrug vorgeworfen.

„Unser Kernvorwurf ist Bestechlichkeit“, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Beamte Gegenleistungen für die Bewilligung von Förderanträgen erhalten habe. Die taz hatte bereits im März darauf hingewiesen, dass Rainer D. in der Affäre offenbar eine Doppelrolle eingenommen hat: Einerseits sollte er die Förderpolitik des Landes koordinieren, andererseits unterhielt er als Beiratsmitglied der Biotechnologiefirma ICB enge Kontakte zu den FH-Professoren, die mit Hilfe eines Geflechts von Scheinfirmen 35 Millionen Euro Landes- und EU-Förderung zweckentfremdet haben sollen.

Geschäftsführer der ICB ist Wolfgang K., einer der Hauptverdächtigten im FH-Skandal. Der frühere ICB-Vorstand Karl Cammann hatte im Gespräch mit der taz den Verdacht geäußert, dass sein Unternehmen bewusst in die Pleite getrieben worden sei – ohne dass der Beirat etwas unternommen habe. Rainer D. war noch bis zum Mittwoch seiner Arbeit im NRW-Gesundheitsministerium nachgegangen. Einem Sprecher zufolge werden nun auch dienstrechtliche Konsequenzen geprüft. Eine Sprecherin des Düsseldorfer Finanzministeriums wollte die Verhaftung nicht kommentieren: „Unser Haus ist nicht mehr Dienstherr.“

Politiker aller Parteien forderten im Anschluss an die Verhaftung eine rasche Aufklärung der Affäre – und warfen sich erneut gegenseitig Versäumnisse bei der Vergabe der Fördermillionen vor. Spontan debattierte gestern der NRW-Landtag in einer aktuellen Stunde über den Skandal. „Es läuft auf einen Untersuchungsausschuss hinaus“, sagte der grüne Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel. Bis Mitte Mai müsse darüber entschieden werden. Zuvor solle das Finanzministerium Akteneinsicht gewähren. Noch in der kommenden Woche wird erneut der NRW-Haushaltskontrollausschuss über die Finanzflüsse ins Ruhrgebiet beraten.

NRW-CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst sagte, unter Rot-Grün sei bei der Vergabe der Fördermittel offenbar „wie wild herumgeschlampt und Geld verbrannt worden“. Der CDU-Landtagsabgeordnete Wolfgang Hüsken unterstellte der Vorgängerregierung, die Vorgänge in Gelsenkirchen durch ein „Netz aus Filz“ begünstigt zu haben. In der Düsseldorfer Staatskanzlei wollte sich gestern niemand zu der Verhaftung äußern.