Allerlei Fragen zu Liebe, Sex und Sehnsucht

KUNST Empörung über Kreuzberger Kunstprojekt – Beteiligter fühlt sich dabei „digital vergewaltigt“

Ein Kunstprojekt in Kreuzberg hat für Empörung und eine Debatte über Datenschutz gesorgt. Der niederländische Künstler Dries Verhoeven chattet dabei noch bis Mitte Oktober über eine Dating-App für Homosexuelle mit Nutzern aus der Umgebung, berichtete die Berliner Zeitung vom Samstag. Die Unterhaltungen aus dem Internet werden dafür öffentlich sichtbar an eine Wand am Heinrichplatz projiziert. Die Nutzer bleiben dabei zwar anonym, ihre Fotos waren bis zum vergangenen Wochenende aber wohl nicht ausreichend verfremdet.

Am Donnerstag habe ein Besucher bei der Aktion das Foto eines Bekannten erkannt, bestätigte das Theater Hebbel am Ufer, das an dem Kunstprojekt beteiligt ist, am Samstag. Der Mann auf dem Foto hatte sich zuvor – nichts ahnend von dem Projekt – im Internet mit Künstler Verhoeven geschrieben.

Nach dem Zeitungsbericht entschuldigte sich das Theater für den Vorfall. Inzwischen seien alle öffentlich sichtbaren Fotos komplett verfremdet. Der Künstler mache nun auch bereits in den Chats auf sein Projekt aufmerksam. Es liege Verhoeven und dem Theater fern, eine wie auch immer geartete Form des Outings zu betreiben. Die Aktion laufe wie geplant bis zum 15. Oktober weiter – danach laden Theater und Künstler zu einer öffentlichen Diskussion ein.

Es kam zum Handgemenge

Die öffentliche Kunstaktion stelle schwule Männer bloß, hieß es dagegen in der Berliner Zeitung. Der Erkannte habe sich gedemütigt, hintergangen und „digital vergewaltigt“ gefühlt, es sei sogar zum Handgemenge mit dem Künstler gekommen. Das Theater beschrieb das Projekt trotz der Kontroverse als „relevanten Beitrag zu der Frage, wie sich Liebe, Sex und Sehnsucht, nicht nur in der homosexuellen Community, durch den Siegeszug sozialer Medien verändern“. (dpa)