Die irakische Regierung bittet zur Kasse

Bei der internationalen Konferenz stehen zunächst Schuldenerlass und Finanzhilfe im Mittelpunkt. Die arabischen Nachbarn fürchten, dass das Geld bei den Falschen ankommt. Und ein US-Bericht moniert das Scheitern von Projekten und die Korruption

AUS SCHARM AL-SCHEICH KARIM EL-GAWHARY

Eines der ölreichsten Länder der Welt bittet die internationale Gemeinschaft zur Kasse. Mit einem Appell des irakischen Premiers Nouri al-Maliki, dem Irak die Schulden zu erlassen, begann gestern die internationale Irakkonferenz im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich. Maliki versprach im Gegenzug Reformen. Unter anderem kündigte er an, die Sunniten stärker in den politischen Prozess zu integrieren, ohne allerdings konkrete Zusagen zu machen.

Der Irak hat derzeit Schulden in Höhe von 50 Milliarden Dollar, vor allem gegenüber Saudi-Arabien, Kuwait, Russland und China, die sich seit dem iranisch-irakischen Krieg in den 80er-Jahren angesammelt haben. Auf der Konferenz, an der Delegationen auf 60 Staaten teilnehmen, sollen auch Finanzhilfen vereinbart werden.

Fraglich ist, wie gut das Geld angelegt ist. Laut einem Untersuchungsbericht der US-Bundesbehörden, der vor zwei Wochen veröffentlicht wurde, haben sich sechs von acht amerikanischen Wiederaufbauprojekten im Irak als Fehlschlag erwiesen. Die meisten seien bereits nach sechs Monaten nicht mehr in Betrieb. Fünf Milliarden Dollar gingen jährlich durch Korruption verloren, und das, so der Bericht, „betrifft praktisch alle Ministerien“, ganz besonders aber das Öl-, Verteidigungs- und Innenressort.

War die Konferenz in Scharm al-Scheich auch als Demonstration der internationalen Unterstützung des Irak gedacht, wurden doch schnell Risse deutlich. Vor allem die sunnitischen arabischen Staaten gaben sich skeptisch, wenn es um den Kontakt zur mehrheitlich schiitischen Regierung in Bagdad geht. Sie zögern, Geld zu geben, wenn nicht sichergestellt ist, dass die sunnitische Minderheit im Irak am politischen Prozess und dem Ölreichtum beteiligt wird. Überspitzt gesagt, fürchten Iraks arabische Nachbarn, dass sie mit einer Finanzspritze für die Regierung indirekt im Bürgerkrieg schiitische Milizen unterstützen.

Exemplarisch ist die Haltung Saudi-Arabiens, eines der wichtigsten Verbündeten der USA in der Region. Die Führung in Riad zögert, der von Washington geforderten Stabilisierung der irakischen Regierung per Scheckbuch Folge zu leisten. Saudi-Arabiens König Abdullah bezeichnet die US-Präsenz im Irak offen als „illegale Besatzung“ und hatte sich kategorisch geweigert, al-Maliki im Vorfeld der Konferenz zu treffen. Hieß es zu Beginn des Treffens zunächst, dass Saudi-Arabien dem Irak 80 Prozent der Schulden in Höhe von 17 Milliarden Dollar erlassen würde, zog der saudische Außenminister Faisal as-Saud die Bremse und erklärte, es gebe keinerlei derartige Zusagen. Man stehe derzeit lediglich in Verhandlungen, ließ er verlauten.

Auch die politischen Vorschläge von arabischer Seite zur Stabilisierung des Irak stoßen bisher bei der Regierung in Bagdad auf wenig Gegenliebe. Ein Vorschlag des ägyptischen Gastgebers, einen zunächst für drei Monate angesetzten Waffenstillstand zwischen irakischer Regierung und den meist sunnitischen Aufständischen auszurufen, um, wie es in dem Entwurf hieß, „eine Atmosphäre zu schaffen, den politischen Prozess und die Versöhnung voranzutreiben“, war schon vor Konferenzbeginn wieder in der Schublade verschwunden. Al-Maliki lehnte ihn mit dem Argument ab, dass dabei Aufständische und Regierung auf gleicher Ebene behandelt würden.