Staaten zaudern, Städte handeln

Der neue Worldwatch-Bericht zeigt: Kommunen sind der Schlüssel zum Klimaschutz

78 Städte und Gemeinden nahmen im vergangenen Jahr am Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ der Deutschen Umwelthilfe teil. Das sind die Top 6 in der Kategorie „über 100.000 Einwohner“:

1. Münster2. Freiburg3. HamburgHeidelberg5. Hannover6. Frankfurt

BERLIN taz ■ Der alte Umweltspruch vom globalen Denken und lokalen Handeln bekommt eine neue Bedeutung. Denn während Angela Merkel immer noch darüber nachdenkt, wie sie die USA und China in globale Klimaverhandlungen einbinden kann, haben Lokalpolitiker bereits mit dem Handeln angefangen.

Im „Bericht zur Lage der Welt 2007“ analysiert das Washingtoner Worldwatch-Institut, was Städte gegen den Klimawandel unternehmen und wie sie dabei voneinander lernen können. „Wenn die Städte die Wende zur Nachhaltigkeit nicht schaffen, dann schafft es niemand“, sagte der Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) gestern bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Mehr als die Hälfte der Menschheit lebt in Städten. Gleichzeitig sind Städte weltweit für 80 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.

Immer mehr Kommunen schließen sich daher zu Bündnissen zusammen: In den USA haben sich fast 500 Bürgermeister von Seattle bis New York freiwillig verpflichtet, das Kioto-Klimaprotokoll einzuhalten (taz von gestern). Die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann führt den „Weltbürgermeisterrat für Klimaschutz“ an. Und im Umwelt-Netzwerk „ICLEI“ können 650 Städte von Abuja bis Zagreb voneinander lernen.

Zum Beispiel von der US-amerikanischen Universitätsstadt Boulder in Colorado. Dort stimmten die Wähler im vergangenen November für eine CO2-Gemeindesteuer auf den Verbrauch von Kohlestrom. Mit den Zusatzeinnahmen will die Stadt Berater anstellen, die den Bewohnern beim Energiesparen helfen. Auch aus Barcelona berichtet Worldwatch von lokalen Energiekonzepten: Dort hatte im Jahr 2000 der Grünen-dominierte Stadtrat beschlossen, dass neue Gebäude 60 Prozent ihres Warmwassers mit Solarenergie erzeugen müssen. Vier Jahre später hatte sich die Solarkapazität der Stadt verzwölffacht. 70 spanische Städte folgten mit ähnlichen Verordnungen.

Um den Städte-Wettlauf zu mehr Klimaschutz auch in Deutschland anzuheizen, hat die Deutsche Umwelthilfe einen Wettbewerb ausgelobt: die „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ (siehe Kasten). Außerdem veranstaltet sie eine „Solarbundesliga“, an der über 1.000 Kommunen teilnehmen. Für jede installierte Solaranlage werden je nach Einwohnerzahl Punkte vergeben. Spitzenreiter in der laufenden Saison 2006/07 ist das Dorf Gollhofen in Bayern.

NIKOLAI FICHTNER