Grüne Ministerin in Erklärungsnot

JUSTIZ Ausgerechnet beim Besuch der Einheitsfeier verschwindet in Hannover ein Sicherungsverwahrter. Begleitet wurde der 63-Jährige von nur einer Beamtin

Nach der Flucht eines zweiten Sicherungsverwahrten in nur vier Monaten hat Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) „Konsequenzen“ angekündigt. Für Ausgänge von Gewalttätern soll es künftig erstmalig landesweit einheitliche Regelungen geben. Bei diesem „professionellen Risikomanagement“ müsse „die Sicherheit der Menschen im Zentrum stehen“, so die Ministerin bei einem Pressestatement am Montag in Hannover.

Zuvor hatten Niewisch-Lennartz‘ Justizbehörden eine Panne hingelegt, die an schlechten Slapstick erinnert: Der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rosdorf einsitzende Sicherungsverwahrte Fritz S. durfte einen Ausgang ausgerechnet bei der von Hunderttausenden besuchten Feier zur deutschen Einheit in Hannover verbringen. Begleitet wurde er von nur einer Justizvollzugsbeamtin. Unter dem Vorwand, eine Toilette benutzen zu müssen, war der 63-Jährige dann verschwunden – bis jetzt spurlos.

Angesichts dieser Peinlichkeit sucht Niewisch-Lennartz nun die Flucht nach vorn und versucht, die Verantwortung an Untergebene weiterzureichen. Die Abteilung für Sicherungsverwahrung der JVA Rosdorf bekomme einen neuen Chef, versicherte die Ministerin.

Denn die Grüne steht selbst in der Kritik der Landtagsopposition, nachdem bereits im Juni ein Sicherungsverwahrter aus der JVA Lingen im Emsland seinen unbegleiteten Ausgang zum Missbrauch eines 13-jährigen Mädchens benutzt haben soll: Die FDP fragt, warum das von Niewisch-Lennartz jetzt ankündigte „Risikomanagement“ nicht schon nach dem Lingener Fall eingeführt wurde. Die CDU hat eine sofortige Unterrichtung im Rechtsausschuss des Landtags beantragt.

Wahrscheinlich wird die Opposition dabei erneut versuchen, die Grüne aus dem Amt zu drängen: Schließlich macht die Juristin Niewisch-Lennartz seit Monaten keine gute Figur. Vor allem die Christdemokraten werfen der ehemaligen Verwaltungsrichterin vor, unerlaubte Privatfahrten eines Landgerichtspräsidenten bagatellisiert und dabei den Landtag falsch informiert zu haben.  ANDREAS WYPUTTA