: Klimawandel bringt neue Jobs
Weil sich unsere Umweltbedingungen verändern, werden wir mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Das hat zur Folge, dass neue Berufsbilder entstehen. Die deutschen Hochschulen richten ihre Studienangebote darauf aus
VON SVEN KULKA
Hitzewellen, Unwetter und Dürrezeiten – der Klimawandel kostet die Volkswirtschaft Milliarden. Unternehmen bauen daher auf gut ausgebildeten Nachwuchs, der das Klima erforscht und Wetterkapriolen rechtzeitig vorhersagen kann. Sie bauen aber auch auf Mitarbeiter, die wissen, wie man mit natürlichen Ressourcen vernünftig umgeht. Zahlreiche neue Berufe sind in der Vergangenheit entstanden, und die Universitäten passen unentwegt ihre Lehrinhalte an die neuen Herausforderungen an.
Wie be- oder entwässert man Land, und wie baut man einen Deich oder ein Rückhaltebecken? Wie nutze ich die Sonne, um Energie zu erzeugen, oder wie dünge ich einen Boden richtig? Fragen, mit denen sich Studenten an der Universität Rostock beschäftigen. Und die angehenden Ingenieure im „Studiengang Landeskultur und Umweltschutz“ an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock wissen die Antworten. Sie können nicht nur Baumaßnahmen verwirklichen, sondern erforschen auch das Klima – in uralten Wäldern oder Hochmooren beispielsweise.
Sie nehmen Proben der Gase, die die Moore produzieren, und analysieren sie anschließend im Labor. „So stellen sie fest, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid oder Lachgas ein Hochmoor aufnimmt beziehungsweise abgibt“, sagt Stephan Glatzel, Professor an der der Fakultät für Agrar- und Umweltwissenschaften. Die meisten Absolventen arbeiten später als Ingenieure im Landschaftsbau, im Naturschutz oder im Immissionsschutz – in Bereichen, denen eine immer größere Bedeutung zukommt. Wie auch dem Bereich der landwirtschaftlichen Bodennutzung.
Im Studiengang Agrarökologie lernen die Studenten in Rostock, wie man wirtschaftliche Flächen optimal nutzt, ohne die ökologischen Ansprüche zu vernachlässigen. „So wissen die Studenten genau, dass durch Fehler bei der Nutzung des Bodens zur Herstellung von Biomasse spätere Abgaseinsparungen beim Verbrauch des Kraftstoffs von vornherein zunichte gemacht werden können“, erklärt Stephan Glatzel.
Der Klimawandel bietet also mehr als nur Horrorszenarien in den Medien. Er eröffnet Betätigungsfelder, die es vor Jahren so noch nicht gab. Im Bachelor-Studiengang Meteorologie an der Freien Universität Berlin beispielsweise „lernen die Studenten, wie man Stürme und Dürren vorhersehen kann oder wie sich das Klima einer Stadt verändert, wenn ein neuer Ortsteil entsteht“, erklärt Ulrich Cubasch vom Institut für Meteorologie der FU Berlin einen kleinen Teil der Lehrinhalte. Und „die beruflichen Perspektiven der angehenden Meteorologen sind gut“, sagt Ulrich Cubasch. Sie würden gebraucht. Der Markt sei zwar nicht groß, aber die Absolventen hätten einen Ausbildungshintergrund, mit dem sie in vielen Bereichen Fuß fassen könnten. Die meisten Absolventen arbeiteten später als Umweltberater in Behörden, in Ministerien oder bei Versicherungen.
Der Klimawandel stellt auch für die Doktoranden an der International Max Planck Research School for Earth System Modelling ein attraktives Betätigungsfeld dar. In einer Arbeit des Max-Planck-Instituts für Meteorologie beispielsweise gehen sie der Frage nach, welchen Einfluss das Abschmelzen von Gebirgsgletschern auf das Klimasystem hat. „Erkenntnisse, die nicht nur wichtig sind für Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch für Politiker“, sagt Annette Kirk vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Denn diese seien auf diese Ergebnisse angewiesen, um vernünftige Entscheidungen treffen zu können.
Aber auch weniger exotische Berufe sind auf dem Vormarsch. Beispielsweise die Ausbildung zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. „Sie ist der Renner“, sagt Gerd Woweries, Bereichsleiter Berufsbildung Gewerbliche und Technische Berufe bei der IHK in Berlin. Die Auszubildenden lernen, wie man Abfälle trennt, Proben von ihnen nimmt, um anschließend die Inhaltstoffe zu analysieren. „Anhand dieser Daten können sie dann erkennen, ob man das Produkt wiederverwerten kann oder nicht“, berichtet Woweries.
Drei weitere neue Ausbildungsberufe sind die Fachkraft für Abwassertechnik, die Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice und die Fachkraft für Wasserversorgungstechnik. Sie inspizieren Abwasserrohre mit Hilfe von Kanalrobotern und sorgen dafür, dass nur gereinigtes Abwasser in die Umwelt zurückfließt. Sie lernen, wie man industrielle Anlagen reinigt und wie man Wassergewinnungsanlagen bedient“, erläutert Woweries.
Der Klimawandel bringt also vieles mit sich. Eine „gute berufliche Perspektive der Auszubildenden“ beispielsweise, sagt Marion Krampe, Projektleiterin Umwelttechnische Berufe vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). „Und jede Menge neue Jobs.“