Massenschlägerei in Celle

STREIT Jesidische Kurden und tschetschenische Muslime liefern sich heftige Prügelei. Trotz unklarer Hintergründe kommt es am Dienstagabend erneut zu Demonstrationen beider Seiten

Polizei und linke Szene im niedersächsischen Celle rätseln über die Hintergründe einer Massenschlägerei, die sich kurdische Jesiden und tschetschenische Muslime am Montagabend im Stadtteil Neuenhäusen geliefert haben. „Durch Vernehmungen versuchen wir gerade, den Auslöser der Auseinandersetzung zu ermitteln“, so der Sprecher der Polizeiinspektion Celle, Guido Koch.

Noch sei unklar, ob der Krieg in Syrien, ob die drohende Eroberung der hauptsächlich von Kurden bewohnten Stadt Kobane durch die Terrormiliz IS die Folie war, vor der die Schlägerei spielte, betonte der Kommissar. Auch Gerüchte, nach denen Salafisten oder IS-Anhänger an der Prügelei in Celle beteiligt gewesen sein sollen, stammten nicht von der Polizei.

In Neuenhäusen waren am Montag gegen 17.30 Uhr rund 90 Personen in Streit geraten. Danach sei es zu „Faustschlägen, Fußtritten und Schlägen mit unbekannten Gegenständen“ gekommen, heißt es im Polizeibericht. Sechs Personen mussten mit Verletzungen ins Krankenhaus – fünf von ihnen konnten das Hospital nach ambulanter Behandlung wieder verlassen.

Die Polizei war mit rund 50 Beamten im Einsatz. Trotzdem wurden keine Teilnehmer der Schlägerei verhaftet: Zunächst sei die offenbar völlig überraschte Polizei mit so wenig Leuten vor Ort gewesen, dass „Festnahmen nicht verhältnismäßig“ gewesen seien, so Sprecher Koch.

Celle gilt als eine Hochburg der jesidischen Exil-Community, die sich nach Verfolgungen in der Türkei, im Irak und in Syrien auf Norddeutschland konzentriert. Doch auch innerhalb der jesidischen Gemeinschaft sorgt die Schlägerei für Verwirrung: „Ich weiß leider nichts über die Gründe“, wundert sich etwa Behiye Uca, die für die Linkspartei im Celler Stadtrat sitzt – schließlich lebten „nur drei bis vier Familien aus Tschetschenien“ in Celle. „Ich habe keine Informationen, wer wen provoziert haben könnte.“

Nötig sei jetzt schnelle Aufklärung durch die Polizei, mahnt Uca: Am Dienstagabend sammelten sich in Celle erneut Jesiden und Tschetschenen zu Demonstrationen.  ANDREAS WYPUTTA