Schnelles Vergessen

Eintracht Frankfurt nähert sich durch das überzeugende 4:0 gegen desolate Aachener dem Klassenerhalt

FRANKFURT taz ■ Die fensterlosen Katakomben der Frankfurter Arena haben den Charme des angrenzenden Parkhauses. Aber nicht nur deshalb war Peter Fischer ein Blickfang. Der Präsident von Eintracht Frankfurt bestach in silbergrauglänzendem Anzug auf schwarzen Schuhen. Nach dem 4:0 der Eintracht gegen Alemannia Aachen versuchte er die Situation seines Klubs mit einer Analogie zur Welt der Wirtschaft zu erklären. Fußball sei wie die Börse, so das Aufsichtsratsmitglied der Fußball AG: „Auch diese Branche vergisst schnell, was gestern war.“

Ganz so einfach aber ist die Gemengelage bei Eintracht Frankfurt auch nach der besten Saisonleistung nicht. Gewinnt nämlich am kommenden Wochenende Aachen gegen Wolfsburg und die Eintracht verliert in Bremen, wird auch am letzten Spieltag gezittert – ganz so wie letzte Saison. Peter Fischer sagt dazu: „Ich kann kein Geschäftsmodell darin erkennen, immer am letzten oder vorletzten Spieltag die Klasse zu sichern. Das macht vielleicht das Stadion voll, aber da wirst du ja verrückt.“

Die Erwartungen sind nach Aufstieg, Pokalfinale und Uefa-Cup-Teilnahme schnell gewachsen. Trainer Friedhelm Funkel hat das spätestens gemerkt, als ein Großteil der Fans nach dem Heimdebakel gegen Bochum „Funkel raus“ schrie. Dass einige Anzugträger im Aufsichtsrat dies auch so sahen und dass Peter Fischer unter ihnen gewesen sein soll, wird kolportiert. Fischer bestreitet das und klatschte Funkel am Samstag nach der Pressekonferenz demonstrativ ab. Funkel aber propagiert kleine Schritte. „Wir haben jetzt schon mehr Punkte als letzte Saison“, stellte der Trainer fest.

Zufrieden ist damit kaum einer in der Bankenmetropole. Geschadet hat vor allem der Egoismus der Leistungsträger. Jermaine Jones’ zäh vollzogener Wechsel nach Schalke belastete das Binnenklima ebenso wie die öffentliche Motzerei über Nichtberücksichtigungen von Ioannis Amanatidis, Michael Thurk und zuletzt Albert Streit, der auf sein Fehlen im Kader erst mit Arbeitsverweigerung im Training und nun mit Wechselgedanken reagierte. Am Samstag aber bereitete er zwei Tore vor. „Ich habe versprochen, alles zu geben“, sagte Streit und fügte vollmundig hinzu: „Ein Mann, ein Wort.“ Zu viel sollte man auf Streits Wort allerdings nicht geben. Trotz eines gültigen Vertrages im Falle des Klassenerhalts sagte er: „Zu meiner Zukunft möchte ich nichts sagen.“ Das Interesse des HSV ist bekannt. Der Solidarpakt mit Funkel geht wohl nicht über diese Saison hinaus.

Der von Alemannia Aachen und Jan Schlaudraff ist aufgekündigt. Am Dienstag ist der Nationalspieler zusammen mit Sascha Dum wegen mangelnder Leistungsbereitschaft suspendiert worden. Der tradierte Reflex im deutschen Fußball, Willen über Talent zu stellen, brachte den Aachenern indes keine Besserung. Können die Aachener es sich wirklich leisten, in der Not ihren besten Spieler zum brachliegenden Kapital zu erklären? Vielleicht sollten sie sich bei Peter Fischer über den Zusammenhang zwischen Börse und Fußball erkundigen. „Zumal“, wie Friedhelm Funkel sagt, „Bilanz erst am Ende gezogen wird.“ TOBIAS SCHÄCHTER