Ein Stoiberjäger mit Jagdschein

Der Waffenlobbyist Schreiber wird seit Jahren von Staatsanwälten verfolgt. Das hinderte das Landratsamt Landsberg nicht, jahrelang seinen Jagdschein zu erneuern. Erst jetzt wurde nicht mehr verlängert. „Geistige Masturbation“, motzt Schreiber da

AUS MÜNCHEN MICHAEL STILLER

Hinter dem Satan, der Landrätin Gabriele Pauli und den Fußballern von Werder Bremen kommt im stoiberhörigen Bayern auf der Liste der Hassgestalten gleich der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber. Ein Jahrzehnt lang hat der frühere Teppichverkäufer, Boxer, Fahrbahnmarkierer und Strauß-Spezi den CSU-Oberen schlaflose Nächte bereitet. Seit nunmehr sieben Jahren wehrt sich der Flüchtling, der die CDU mit einem Schmiergeld-Film überzog, das Ende von Helmut Kohl beschleunigte und Wolfgang Schäuble einen Karriereknick verpasste, in Kanada mit juristischen Kniffen gegen seine Auslieferung nach Bayern.

Nicht wenige hofften, dass Schreiber nie als Angeklagter vor dem Augsburger Landgericht für Unruhe sorgt. Denn von Kanada aus hatte er verkündet, er habe auch die CSU, der er bis zu seinem Rauswurf angehörte, ordentlich geölt. Die Geschichte ist zwar unbewiesen, aber immerhin hatte Schreiber gedroht, er werde den Noch-Regierungschef Edmund Stoiber „so tief fallen lassen, dass man seinen Aufprall nicht mehr hört“. Es waren Sprüche, denen nichts folgte, Stoiber wurde von einer Landrätin abserviert, nicht von Schreiber.

Aber der Bayer ist gelegentlich unerwartet liberal, zumindest im Sinn der Kurzfassung des CSU-Grundsatzprogramms, das da lautet: „Liberal samma schon, aber ned blöd.“ Blöd ist freilich, was jetzt herauskam: Der seit 1999 zur Festnahme ausgeschriebene Schreiber durfte in all der Zeit, als ihn Zielfahnder und Staatsanwälte jagten, mit dem Segen einer bayerischen Behörde schwer bewaffnet sein. Alle drei Jahre hat ihm das Landratsamt Landsberg anstandslos den Jagdschein und damit die Waffenbesitzkarte verlängert.

Sie berechtigt den passionierten Jäger zum Besitz von Langwaffen, zwei Pistolen und Munition. Jetzt erst will das Landratsamt entdeckt haben, dass gegen den Mann, der jahrelang im Fernsehen zu besichtigen war, etwas vorliegt. Die Entscheidung über eine weitere Verlängerung wird bis zum rechtskräftigen Abschluss der Ermittlungen auf Eis gelegt, seine Waffen darf Schreiber nicht mehr führen.

Dass die Geschichte öffentlich wurde, hält Schreiber für typisch. Er vermutet dahinter die Staatsanwaltschaft und warf ihr in der Bayerischen Staatszeitung „provinzielle Enge und geistige Masturbation mit einhergehender Frustration“ vor. „Ich habe nicht vor, mich bis an die Zähne zu bewaffnen, da ich nach der unsinnigen Ansicht der Augsburger Justiz ohnehin auf schweres Kriegsgerät, vor allem Panzer, Zugriff habe“, spottete der Panzer- und Flugzeugmakler.

In der bayerischen Regierung schütteln sie ob der grotesken Panne die Köpfe. „Es ist uns unerklärlich, warum das Landratsamt Landsberg sein Ermessen so großzügig ausgelegt hat“, sagte ein Sprecher des für die Jagd zuständigen Landwirtschaftsministeriums. Die Hoffnung mancher früherer CSU-Spezis, Schreiber werde Bayern, ob be- oder entwaffnet, dauerhaft fernbleiben, wird sich kaum erfüllen. Wenn er nicht vorher noch untertaucht, wird die kanadische Justiz den Mann, der mit seinen Provisionsgeschäften rund 30 Millionen Euro verdiente und einen Teil als Schmiergeld weitergab, in ein Flugzeug setzen. Das Ziel: Franz-Josef-Strauß-Airport München.

Dann schlösse sich der Kreis für Schreiber, der in Bayern als Günstling von FJS ins internationale Waffen-Business vorstieß.