„Ich vermisse meine Arbeit“

Maulkorberlass: Der Konflikt um den Rausschmiss der Lehrbeauftragten Sabine Todt an der Hamburger Uni geht weiter. Ihr Lehrauftrag gelte als erteilt, weil ihr Seminar mit Nummer im Vorlesungsverzeichnis stand, sagt sie

SABINE TODT, 39, ist Historikerin und lehrte sechs Jahre lang an der Hamburger Universität Wirtschafts- und Sozialge- schichte.

taz: Frau Todt, auf dem Belegungsplan eines Seminarraumes wird immer noch ihr Seminar aufgeführt. Haben Sie das gesehen?

Sabine Todt: Nein, ich kann da nicht hingehen, sonst würden mir die Tränen kommen. Ich vermisse meine Arbeit sehr.

Sie waren Lehrbeauftragte am Historischen Seminar der Universität Hamburg. Warum jetzt nicht mehr?

Ich hatte mich in der Fernsehsendung Monitor vom 1. März zur schwierigen Situation der Lehrbeauftragten geäußert. Ein paar Tage später erhielt ich einen Anruf vom zuständigen Seminar, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich das für dieses Sommersemester geplante Seminar nicht halten dürfe. Dies sei eine Entscheidung der Uni-Leitung, von ganz oben. Und sie hänge definitiv mit Monitor und der missverständlichen Anmoderation zusammen.

Was für ein Missverständnis?

Ich habe beinahe sechs Jahre gelehrt. Vier Jahre davon war ich Wissenschaftliche Mitarbeiterin und habe dies freiwillig ohne Bezahlung getan. Danach hatte ich zwei Jahre lang Lehraufträge, für die ich zuletzt 1.200 Euro pro Semester bekam. In der Anmoderation des Beitrags hieß es nur, ich habe ohne Bezahlung gelehrt.

Haben Sie mit dem Entzug Ihres Lehrauftrags gerechnet?

Nein, überhaupt nicht.

Die Leiterin des Historischen Seminars, Frau Schaser, erklärte im Radio, sie hätten gar keinen Lehrvertrag gehabt.

Das stimmt meines Erachtens nicht. Ich habe alte Verträge durchgesehen, die wurden alle sehr unregelmäßig ausgestellt. Im vorigen Sommersemester zum Beispiel hatte ich meinen Vertrag erst am 2. Mai bekommen, obwohl das Seminar im April begann. Als ich damals besorgt in der Verwaltung anrief, hieß es, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen. Der Lehrauftrag gelte als erteilt, sobald mein Seminar im Vorlesungsverzeichnis steht und eine Nummer erhalten hat.

Was ja der Fall war.

Anders ginge es auch nicht. Sonst hätten die Studierenden und auch die Lehrbeauftragten keine Sicherheit. Daher ist dieser Vorgang auch ein schönes Beispiel für die unsichere Situation der Lehrbeauftragten, die ich im Monitor-Beitrag thematisieren wollte. Mein Lehrauftrag wurde mir telefonisch zwei Wochen vor Seminarbeginn, schriftlich sogar erst eine Woche vor Beginn entzogen. Meine gesamten Vorarbeiten waren daher umsonst.

Schaser sagte, es gebe oft mehr Lehrangebote als man annehmen könnte. Deshalb sei es üblich, dass welche rausfallen.

Ja. Aber wenn eine Lehrveranstaltung nicht genommen wird, dann entscheidet sich das in der Regel in den ersten Sitzungen des Ausschusses für Lehre und Studium, ALST, der noch im Wintersemester getagt hat. Dort wurde mein Seminar in allen Sitzungen genehmigt. Dass es dieses Semester mit den Verträgen länger gedauert hat, hing, so wurde mir gesagt, mit der Frage zusammen, ob der Lehrauftrag vergütet werden kann oder nicht. Ich war von dieser Frage nicht betroffen, da ich die Lehrveranstaltung auch unbezahlt gehalten hätte.

Tatsächlich, warum?

Lehre ist der schönste Teil meines beruflichen Lebens. Es macht unglaublich viel Spaß, weil so viel Feedback von den Studierenden kommt. Außerdem ist mir das Thema „Gender und Unternehmensgeschichte“ sehr wichtig, da der Studiengang Gender Studies meines Wissens um seine Existenz bangt.

Und man wollte Sie auch nicht unbezahlt lehren lassen?

Nein, es wurde nicht gesagt, dass es am fehlenden Geld liegt. An dem kausalen Zusammenhang des Monitor-Beitrages und der Entziehung meines Lehrauftrages wurde schriftlich und mündlich kein Zweifel gelassen.

Wie finden Sie es, dass jetzt 50 Studierende ein Aktionskomitee für Sie gründen?

Ich war beeindruckt und gerührt, als ich das hörte. Wir haben bei uns sehr begabte und kritische Studierende. Das macht das Lehren ja so befriedigend.

INTERVIEW: KAIJA KUTTER