Patrouillenboot ja, Leopard nein

RÜSTUNGSEXPORTE Wirtschaftsminister Gabriel will den Verkauf von Waffen in den arabischen Raum auch in Zukunft genehmigen

„Die Welt nicht durch die Wunschbrille betrachten“

SIGMAR GABRIEL (SPD)

VON TOBIAS SCHULZE

BERLIN taz | Ein Pionierpanzer hierhin, ein Patrouillenboot dorthin: Rüstungsexporte in die arabische Welt und andere Krisenregionen will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) weiterhin genehmigen, zumindest in Einzelfällen. Über jedes Geschäft müsse aber anhand strenger Kriterien entschieden werden, sagte der Vizekanzler am Mittwoch in Berlin.

Vor Diplomaten und Wissenschaftlern stellte er die Grundsätze seiner Rüstungsexportpolitik vor. Ein lange geplanter Termin zu einem heiklen Zeitpunkt: Bei seinem Amtsantritt hatte Gabriel noch angekündigt, Waffengeschäfte mit Staaten außerhalb von EU und Nato nur ausnahmsweise zu genehmigen. In der SPD kam das gut an, die Rüstungsindustrie stöhnte. Jüngst gab die Bundesregierung aber grünes Licht für den Verkauf von leicht bewaffneten Panzern an Katar und Saudi-Arabien. Dafür wiederum wurde Gabriel unter anderem von Teilen der eigenen Partei kritisiert.

Die Ausfuhr schwerer Kampfpanzer vom Typ Leopard in den arabischen Raum sei „nicht zu rechtfertigen“, stellte der Wirtschaftsminister nun klar. Zudem dürften „beschäftigungspolitische Gründe keine Rolle spielen“. Sprich: Er will keine Exporte genehmigen, nur um die Umsätze der Branche und damit Arbeitsplätze sicherzustellen.

Manchmal komme Deutschland um heikle Rüstungsgeschäfte aber doch nicht herum. „Ich rate davon ab, die Welt durch die Wunschbrille zu betrachten“, sagte Gabriel. Patrouillenboote könnten beispielsweise im Kampf gegen Piraten helfen. Die Ausfuhr solcher Boote auch an Staaten mit zweifelhaftem Ruf will er deswegen nicht komplett verbieten. Entscheidend seien außen- und sicherheitspolitische Kriterien wie die Haltung der Empfänger gegenüber ihren Nachbarstaaten oder der Umgang mit Minderheiten im eigenen Land.

Einen Überblick darüber hat innerhalb Deutschlands zweifellos eher das Außen- als das Wirtschaftsministerium. Gabriel schlug daher vor, die Kontrolle von Rüstungsexporten ab der kommenden Legislaturperiode an das Auswärtige Amt zu übertragen.

Ein Problem kann er damit jedoch nicht lösen: Die Rüstungsindustrie drohte zuletzt offen damit, aus Deutschland abzuwandern, wenn Exporte zu stark beschränkt werden. Als Ausgleich könnte die Regierung der Branche anbieten, besonders wichtige Sparten durch Aufträge der Bundeswehr zu fördern. Als besonders förderungswürdig benannte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag etwa Schutzausrüstungen. Allein: U-Boote, Panzer und Gewehre tauchten auf ihrer Liste nicht auf. Eine „sehr schmale Festlegung“, bemängelte Gabriel am Mittwoch.

Während sich in der Regierung also der nächste Streit anbahnt, kritisierte die Opposition die genehmigten Exporte in den arabischen Raum. „Diese Staaten werden deutsche Kleinwaffen und Munition zur Niederschlagung von Protesten der Bevölkerung nutzen“, sagte Christine Buchholz (Linke) der taz.