„Ein neuartiges Phänomen“

IS-GEWALT Ein Hamburger Islamwissenschaftler über einen Glaubenskonflikt fernab des Koran

■ 45, ist Islamwissenschaftler an der Philipps-Universität Marburg. Sein Forschungsschwerpunkt ist der Islam in Hamburg.

taz: Herr Rohde, haben Sie mitbekommen, was in den vergangenen Tagen in Hamburg los war?

Achim Rohde: Das war ja nicht zu übersehen. Was mich gewundert hat, ist, dass sich eine relativ große Gruppe offensichtlich salafistisch gestimmter junger Muslime mobilisieren konnte, die auch offen mit IS solidarisieren.

Wie nimmt ein Islamwissenschaftler solche Aktionen anders wahr?

Da müssen Sie mir jetzt nicht damit kommen, dass ich dies auf den Koran beziehe.

Das war so nicht gemeint. Gibt es innerhalb der Wissenschaft Theorien, die diese Konflikte erklären können?

Im konkreten Fall der IS, die jetzt die nationalen Staatsgrenzen aufbricht, ist das ein neuartiges Phänomen. Das ist nur bedingt mit den Taliban zu vergleichen.

Sehen Sie sich bei Veranstaltungen wie der heute Abend selbst in Gefahr?

Dass mit Schlägereien zu rechnen ist, oder dass Salafisten an der Veranstaltung teilnehmen, das glaube ich weniger. Kontroverse Diskussionen sind bei dieser Veranstaltung zum jetzigen Zeitpunkt aber vorstellbar.

Wie wichtig sind Diskussionen zu diesem Thema in Hamburg?

Gerade der regionale Bezug ist wichtig, weil es hier um politische und gesellschaftliche Transformationen geht, die sich nicht nur mit angeblichen Eigenheiten des Islam oder Islamismus erklären lassen.

Es wird ja auch über die Waffenlieferungen der Deutschen an die Peschmerga-Truppen gesprochen.

Mal angenommen, die Türkei würde die Flughäfen der Nato für amerikanische Apache-Helikopter öffnen – das wäre eine Hilfe.

Also geht der Konflikt noch lange weiter?

Über eine politische Strategie wird nur gesprochen, am Ende kommt sie nicht. Auf diese Art und Weise wird kein Ende nahen. INTERVIEW: TGL

„IS, Syrien und Irak“, Podiumsdiskussion mit Achim Rohde und der syrischen Menschenrechtsaktivistin Rosa Yassin-Hassan, Moderation Reiner Scholz: 18 Uhr, Staats- und Universitätsbibliothek, Vortragssaal