heute in Bremen
: „Ein zynisches Geschäft“

Auf der „waste to energy“-Messe treffen sich Müll- und Energiebranche

taz: Herr Braungart, was haben Sie gegen die „waste-to-energy“-Messe heute und morgen in Bremen?

Michael Braungart, Professor für Stoffstrommanagement an der Uni Lüneburg:

Der Titel ist einfach unehrlich. Die Energiebilanz von Abfallverbrennungsanlagen ist bekanntermaßen negativ.

Die Bremer swb AG sieht das anders: Sie plant ein Müllkraftwerk, das 70.000 Tonnen Kohle im Jahr ersetzen soll.

Weil sie die Luft nicht akzeptabel reinigen. Die Verbrennung einer Tonne Müll kontaminiert acht Tonnen Luft, das sind rund 7.000 Kubikmeter. „Waste-to-Energy“-Anlagen dürfen bis zu 200 Milligramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter legal abgeben. Stand der Technik – und in Schweden vorgeschrieben – sind 25 Milligramm.

Abgasreinigung kostet Energie.

Ja. Und die Energieausbeute zu erhöhen geht auf Kosten der Gesundheit. Ich privatisiere den Gewinn und vergesellschafte das Risiko.

Wie lautet die Alternative zur Müllverbrennung?

Man müsste endlich schädliche Stoffe verbieten, PVC zum Beispiel. Die so genannten „Ersatzbrennstoffe“ bestehen zu zwei Prozent aus Chlor. Das verseucht den Materialstrom. Wenn man stoffliches Recycling, wie im Abfallgesetz vorgeschrieben, wirklich ernst nehmen würde, gäbe es auch keinen Bedarf für diese Anlagen. Was wir brauchen, sind echte Kreislaufströme.

Treten Sie auch auf der Messe auf?

Nein. Dort ist nur der müllindustrielle Komplex. Das ist ein zynisches Geschäft!

Interview: Armin Simon