piwik no script img

KUNSTRUNDGANGMeike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Der Mensch und ihn beeinflussende Systeme stehen im Zentrum von Roman Signers und Angela Bullochs Präsentationen. Beide nutzen Naturgesetze zur Vermittlung ihrer Reflexionen. Während Signers „Vier Skulpturen“ auf abstrakte, gleichzeitig aber sehr anschauliche Weise soziale und politische Spannungen kommunizieren, gleicht Bullochs Installation „Are you coming or going, around?“ der Büchse der Pandora.

Lautes Getöse zieht einen in den Raum, wo eine Plastiktüte in einer Arena aus Aluminiumblech und Ventilatoren zirkuliert. Getrieben durch den mächtigen Strom, reibt sie sich an den Wänden und verliert nach und nach ihre Funktionstüchtigkeit. In den anderen Räumen flattern Reihen roter Fahnen akkurat in verschiedene Richtung der diversen Strömungen und ein leeres Ölfass poltert von den gleichen Winden getrieben hin und her, als würde es nie zum Stillstand kommen. Erst wenn die Energie versiegt? Das Fass ist doch schon (fast) leer …

Angela Bullochs nutzt Klang weitaus diffiziler als Signer. Neben dem Ballon, der im Raum schwebt und der einerseits unter dem Einsatz von Projektionen als Erdkugel, in Intervallen aber im gleißenden Licht auch als Mond seine Anziehungskraft ausübt, ist Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ zu hören. Und zwar in einer Jazzvariante des musikalische Autodidakten und erfolgreichen Komponisten Eumir Deodato. Mit Fotografien unseres Sonnensystems sowie einer Deckeninstallation im Nebenraum, die die Himmelssphäre weit jenseits unseres Systems zeigt, verdeutlicht Bulloch, dass es unmöglich ist, alles aus einer Perspektive erfassen zu können. Hier kommt spätestens Nietzsches Zarathustra ins Spiel: Denn ob und wie Erkenntnis gelehrt wird, ist eine wichtige Überlegung, bevor man sich an die Wahrheit macht.

Roman Signer: „Vier Skulpturen“. Bis 2. Juni, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Galerie Barbara Weiss, Zimmerstr. 88–89 Angela Bulloch: „Are you coming or going, around?“ Bis 23. Juni, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Esther Schipper, Linienstr. 85

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen