Gaaaaanz locker

Der VfB Stuttgart verliert zwar 1:3 in Leverkusen, sorgt aber trotzdem schon mal für die Meisterfeier vor

LEVERKUSEN taz ■ Seltsam vergnügt sah Horst Heldt aus. Er lächelte und machte Scherze. „Das ist keine gespielte Lockerheit, wir sind locker“, sagte der Manager des VfB Stuttgart. „Sollen die alle doch über Bremen, Bayern und Schalke reden. Wir freuen uns, dass die alle wieder mit dabei sind.“ Ein paar Meter neben ihm stand Trainer Armin Veh und lächelte, als sei es eine Dienstanweisung für alle Schwaben. „Schalke ist noch Tabellenführer, Bremen und Bayern gewinnen, die alle sind Favorit“, zählte er auf. „Nur, wenn die anderen nicht wollen, dann wollen wir.“

Zur Erinnerung: Die Stuttgarter hatten gerade mit 1:3 gegen Bayer Leverkusen verloren. Doch genauso wie in dieser Stunde der entspannten Statements ging es am Tag danach beim sonntäglichen Auslauf- und Regenerationstraining zu. „Wissen Sie“, hatte Stuttgarts Präsident Erwin Staudt in Leverkusen gesagt, „wenn wir hier verlieren, kannst du nicht mehr so tun, als hättest du mit der Meisterschaft nichts zu tun. Und wenn wir verlieren, ist gar nichts passiert.“ Klingt danach, als lauere ein ganzer Klub völlig entspannt im Hintergrund auf die Patzer der anderen, um bei Gelegenheit zuzuschlagen.

Genau einen Tag hatte die Aufregung in und um Stuttgart gedauert. Noch am Morgen „erschütterte“ die Meldung, die Stadt Stuttgart habe den Rathausplatz für die Meisterfeier geblockt, die Stadt. Mancher schrieb die „Buchung“ gar dem Verein zu. Hintergrund der Aufregung ist die Tatsache, dass 1992, bei der letzten Meisterschaft des VfB, der ganze Meisterjubel so überraschend kam, dass der Rathausplatz durch einen Flohmarkt blockiert war und die Stuttgarter Fußballfreunde reichlich sauer waren auf die Stadtväter. Die wollten sich nun nicht noch einmal an den Pranger stellen lassen. Und weil die Schwaben auch noch im Pokal eine gute Chance auf dem Gesamtsieg haben, finden nun an beiden Sonntagen, 20. und 27. Mai, vorerst keine Flohmärkte statt. „Andere haben bei uns den Fokus auf Meisterschaft gestellt, nicht wir“, sagte Heldt. Intern freilich wird schon lange über den „Fall der Fälle“ gesprochen. In der Kabine, so heißt es, mache der Trainer die junge Mannschaft mit der Aussicht heiß, hier warte die Chance ihres Lebens.

In Leverkusen wartete René Adler auf sie. Und die neue Nummer eins hielt wie ein Weltmeister. Es war sein erstes Spiel vor eigenem Publikum; schon auf Schalke hatte er prächtig gehalten. „Ich freue mich, dass wir nach Schalke den zweiten Titelaspiranten geschlagen haben“, sagte Adler. Jetzt träumen sie in Leverkusen wieder vom Uefa-Cup und genießen den Aufwärtstrend ihrer „Oldies“ wie Bernd Schneider und Paul Freier. Wenn dann ein Tor wie das von Juan (61.) dazukommt, mit der Hacke erzielt, gibt es stehenden Applaus für die Bayer-Helden. Jetzt muss es nur noch eine Weile halten, das Bayer-Glück. Ungewohnt „wacklig“ zeigten sich indes die Stuttgarter in der Abwehr. Ludovic Magnin beispielsweise, seit Wochen in überragender Form, erwies sich als Totalausfall, der immer und überall zu spät kam. Trainer Armin Veh bemängelte, „dass wir so viele Chancen des Gegners noch nie zugelassen haben“. Auf dem Rasen ging es tatsächlich im übertragenen Sinne zu wie auf dem Flohmarkt. Tore der Leverkusener gingen für „Schnäppchenpreise“ weg.

„Jetzt dürfen wir den Mut nicht verlieren und müssen nach vorne schauen“, sagte Thomas Hitzlsperger. Armin Veh, Horst Heldt und Präsident Erwin Staudt waren auch am Sonntagvormittag im Sonnenschein auf dem Stuttgarter Trainingsgelände der festen Meinung, es sei eigentlich gar nicht viel passiert.

OLIVER TRUST