„Fluchtwege öffnen“

KUNDGEBUNG Nähme die EU Libyen-Flüchtlinge aus Tunesien auf, müssten die nicht in Lagern leiden

■ 41, ist bei der Initiative „NoLager Bremen“ aktiv und arbeitet bei der gewerkschaftlichen Antidiskriminierungsstelle ADA.

taz: In Tunesien verschärfen sich die Zustände in den Lagern für Flüchtlinge aus Libyen. Ihr nehmt das zum Anlass, hier in Bremen zu demonstrieren?

Olaf Bernau: Deutschland sollte in einer solchen Krisensituation bereit sein, Kontingente von Flüchtlingen ins Land zu lassen, wie es das UN-Flüchtlingshilfswerk fordert. Früher gab es das bei den vietnamesischen Boatpeople oder im Kosovokrieg. Die USA wollen 900 der ca. 6.000 in tunesischen Lagern gestrandeten Flüchtlinge aufnehmen. Deutschland und die EU zeigen dafür bislang keine Bereitschaft. Wir fordern von Innensenator Mäurer, sich dafür einzusetzen.

Was hat der damit zu tun?

Die Bürgerschaft hat im Januar einstimmig beschlossen, Kontingentflüchtlinge aufzunehmen. Darüber muss aber die Innenministerkonferenz entscheiden – einstimmig. Das ist unwahrscheinlich, aber wir setzen uns dafür ein.

Vor ein paar Tagen griffen Tunesier ein Flüchtlingslager in Choucha an. Wie kam es dazu?

Es war ein Progrom gegen Menschen aus Subsahara-Afrika. Ihnen gegenüber gibt es in Nordafrika einen traditionellen Rassismus. Allerdings wurden zu Beginn in Tunesien alle Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen. Erst als die internationalen Hilfsorganisationen kamen, wurde die Unterscheidung vorangetrieben.

Inwiefern?

Die Flüchtlinge wurden aufgeteilt. Libyer wurden dezentral etwa in tunesischen Familien untergebracht. MigrantInnen, die in Libyen gearbeitet hatten, wurden mit Geldern der EU in ihre Heimatländer ausgeflogen. In den Lagern blieben diejenigen, in deren Ländern Bürgerkrieg herrscht, Menschen aus dem Sudan oder Eritrea. Von ihnen wurde angenommen, dass sie weiter nach Europa wollen. Wenn die EU die Fluchtwege öffnen würde, müssten Menschen nicht in Lagern eingepfercht werden oder bei der Überfahrt nach Europa in Seenot geraten. Allein im April starben so über 1.000 Menschen. Interview:
JPB

Samstag, 12 Uhr, Domsheide