Damit keiner verloren geht

SCHULABGÄNGER Eine Jugendberufsagentur in Hamburg soll verhindern, dass junge Menschen den Einstieg ins Berufsleben verpassen. Derzeit werden Rechtsfragen geprüft

Wer nach der Schule im Supermarkt jobbt, verdient oft mehr als ein Azubi. Aber wer mit 23, 24 Jahren ohne Ausbildung ist, sieht dies als Fehler

VON KAIJA KUTTER

Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt hat sich nach Einschätzung von Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) entspannt. Weil weniger Jugendliche aus dem Umland nach Hamburg kommen, sei es nicht mehr so schwierig, eine Ausbildung zu bekommen. Und doch brauche die Stadt ein „Hilfs- und Unterstützungssystem“, das verhindert, dass junge Menschen durch Raster fallen. Opposition und Regierung liebäugeln derzeit mit einer „Jugendberufsagentur“.

Formal sind Jugendliche auch nach der 10. Klasse noch schulpflichtig, bis sie 18 Jahre alt sind. Für sie gab es, wenn sie ohne Lehre waren, bislang staatliche Berufsbildungsgänge. „Es gibt Schüler, die verlassen die Stadtteilschule und kommen bei den Berufsbildungsgängen gar nicht an“, schilderte Rabe vergangene Woche im Schulausschuss. „Mancher jobbt erst mal bei Penny und ist dann raus aus dem Spiel.“ Das Jobben sei erst mal lukrativ, weil die jungen Leute mehr verdienten als in der Lehre, erläutert der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann, der einen Antrag für die Agentur stellte. Doch spätestens mit 23 oder 24 tauchten viele bei der Arbeitsagentur auf und bedauerten, dass sie keine Ausbildung haben, berichtet Rainer Schulz, der Geschäftsführer der Hamburger Berufsschulen. Und 20 Prozent aller Azubis brächen ihre Lehre ab. Die Hälfte davon „taucht nirgendwo auf“.

Das soll nun anders werden. Bereits CDU und Grüne hatten in der vorherigen Legislatur eine Reform des „Übergangs Schule Beruf“ beschlossen, die unter anderem eine persönliche Unterstützung von Schülern ab der 8. Klasse durch bis zu 120 Berufsschullehrer vorsieht. Das beginnt im August.

Doch darüber hinaus bastelt eine Arbeitsgruppe von Schul- und Sozialbehörde nun an einem Konzept für besagte Agentur. Neu daran wird sein, dass verschiedene „Rechtskreise“ wie Jugendhilfe, Schule, Hartz-IV-Behörde und Arbeitsagentur unter einem Dach zusammenarbeiten. Die Datenbank des Schülerregisters soll als Basis dafür dienen, um den Werdegang der jungen Menschen zu begleiten.

Er habe eine ähnliche Einrichtung in Düsseldorf besucht, berichtet Schulz. Dort sind Jobcenter, Arbeitsagentur und Jugendhilfe unter einem Dach. „Wenn da ein Jugendlicher kommt, findet der Mitarbeiter raus, was das Problem ist und schickt ihn nicht weg.“ Falle dann ein Jugendlicher aus einer Maßnahme raus, etwa weil er zu alt ist, werde lückenlos für eine Fortsetzung in „einem anderen Rechtskreis“ gesorgt. So werde für Kontinuität gesorgt, ohne den Jugendlichen zu belasten.

Es gebe noch Probleme des Datenschutzes und andere Hürden, schränkt Rabe ein. Heinemann schätzt, dass die Agentur nach erfolgreicher Prüfung dieser Fragen 2012 starten könnte.