„Hartz IV ist ein Label“

INTERVIEW Le Van Bo entwirft Hartz-IV-Möbel. Die Anleitungen bietet er zum kostenlosen Download an. Wirklich preiswert ist der Hausrat nicht

■ Kam 1979 mit zwei Jahren nach Deutschland. Aufgewachsen im Wedding, war er Rapper des Duos Soul Ya Click, gründete eine Werbeagentur und spielte kleine Fernsehrollen. Studierte Architektur.

taz: Herr Van Bo, was kostet die Einrichtung Ihres Raumkonzepts für eine Einzimmerwohnung mit 21 Quadratmetern?

Van Bo: Die Möbel, die ich hier präsentiere, kosten insgesamt 2.000 Euro, das liegt daran, das wir nur zertifiziertes Holz verwendet haben. Man kann sie aber sicher auch für 900 Euro nachbauen.

Viel Geld für Hartz-IV-EmpfängerInnen. Gibt es keine billigeren Möglichkeiten?

Natürlich kann man sich auf dem Flohmarkt oder bei Ikea billigere Möbel besorgen. Meine Möbel sind für Leute mit wenig Geld und viel Geschmack; alle, die ihren wenigen Platz sinnvoll nutzen wollen, das sind nicht nur Hartz-IV-Empfänger.

Um Ihre Pläne zu bekommen, muss man im Internet einen Fragebogen beantworten. Wer baut Ihre Möbel?

Zu einem Drittel sind es wirklich arme Menschen: Arbeitslose, Kranke und Rentner. Studenten und Väter mit ihren Kindern bauen die Möbel. Auch viele soziale Einrichtungen nutzen die Pläne, es gibt sogar ein Existenzprogramm von Terres des Hommes in Mosambik, wo arbeitslose Tischler meine Möbel bauen.

Warum dann Hartz-IV-Möbel?

Wer kein Geld hat, der sucht nicht nach „Möbel selber bauen“, sondern googlet Hartz IV. Es ist ein Label.

Seit einem Jahr kann man die Baupläne anfordern, wie viele Pläne haben Sie verschickt?

Rund 1.800-mal wurden die Pläne angefordert, zuletzt sogar von einem Lehrer für eine Matheklausur. INTERVIEW: JAKOB WAIS