Der wendige Wirtschaftskarrierist

Mit dem Bundesverdienstkreuz hat der Präsident der Industrie- und Handelskammer Sachsen-Anhalt, Klaus Hieckmann, Pech. Kurz vor der geplanten Ehrung brachte die Regelanfrage bei der Stasiunterlagenbehörde erneut ans Licht, was viele längst wussten: Hieckmann ist identisch mit „IM Stahl“ und hat von 1986 bis 1989 dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR berichtet.

Ein Staatsgeheimnis war das nicht. Zwar ist unklar, ob Hieckmann schon 1996 auf Kontakte zur Stasi überprüft wurde, als er sein Ehrenamt als Kammerpräsident antrat. Die Information sei aber „seit langem bekannt“, hieß es von der Handelskammer. Sie stellt sich uneingeschränkt hinter ihren Präsidenten. Auch der ehemalige Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) wusste seit 1999 von dem Fall. Da sollte der bekannte Wirtschaftsfunktionär nämlich zum ersten Mal das Bundesverdienstkreuz bekommen. Die Staatskanzlei entschied damals, die „Ordensangelegenheit“ nicht weiter zu verfolgen. Der Vorgang wiederholte sich im Jahr 2005 unter Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU). Der Spiegel kramte ihn jetzt erneut hervor.

Der 61-jährige Magdeburger stieg in der DDR vom Dreherlehrling in die Wirtschaftselite auf. Magdeburg war Zentrum für Schwermaschinenbau. Als Abteilungsleiter im zentralen Forschungs- und Entwicklungsbetrieb (FER) koordinierte Hieckmann alle 13 Kombinate. Seine Anwerbung als IM 1986 stand nach eigenen Angaben mit der bevorstehenden Berufung zum Betriebsdirektor in Verbindung. Er habe „den für unser Unternehmen zuständigen MfS-Mitarbeitern Auskünfte in Personalfragen geben müssen“, erklärt Klaus Hieckmann heute. Dass er jedoch „keinerlei Spielräume hatte, Nein zu sagen“, mag eher mit seinem Kaderentwicklungsplan zu tun haben. Der sah 1990 eine Berufung zum Generaldirektor des Kombinats Getriebe und Kupplungen vor.

Die Wende tat seiner Karriere keinen Abbruch. Hieckmann führte den Betrieb erfolgreich fort, der heute Symacon Engineering heißt. Er sitzt im Wirtschaftsbeirat von Ministerpräsident Böhmer und im Beirat der Investitionsbank des Landes. Als einer der renommiertesten ostdeutschen Wirtschaftsexperten gehört er dem Gesprächskreis Ost der Bundesregierung an. Die Universität Magdeburg ernannte ihn 2005 zum Ehrensenator. Während Ministerpräsident Böhmer sich mit einem Urteil zurückhält, fordern die SPD-Landtagsfraktion, die Grünen und ehemalige Bürgerrechtler Hieckmanns Rücktritt. Der Kammerpräsident aber betont sein „gutes Gewissen“ und will sich 2008 der anstehenden ordentlichen Präsidiumswahl in der IHK stellen.

MICHAEL BARTSCH