Bremer Linkspartei mit Schwellenangst

Die Bürgerschaftswahl in Bremen wird für die Linkspartei zur Zitterpartie: Umfragen sehen sie bei 5 Prozent

BREMEN taz ■ Das große Zittern hat in die Linkspartei in Bremen erfasst. Dass das Potenzial im Stadtstaat bei gut 7 Prozent liegt, weiß man seit der Bundestagswahl 2005. Fast ebenso gewiss: Man wird es bei der Wahl am kommenden Sonntag nicht abrufen können.

Zwar hat Spitzenkandidat Peter Erlanson vergangenen Freitag Einspruch erhoben, als die ZDF-Umfrage die offene Liste der Linkspartei bei gerade noch 4,5 Prozent ansiedelte. Diese Niedrigbewertung sei doch allenfalls ein Zeichen der „Angst, dass die Linke in den alten Ländern angekommen ist“, meinte er trotzig. Klaglos hingenommen haben die Linken jedoch eine Woche zuvor den Wert, den das ARD-Polit-Barometer ausstrahlte: 5,5 Prozent. Am Sonntagabend wird die Linkspartei an dieser Hürde knapp vorbeigeschrammt sein. Oder gerade eben noch reingerutscht, vielleicht durch ein einzelnes Bremerhavener Extramandat. Die Zahl sieben nimmt keiner mehr in den Mund.

Dabei waren die Anfangsbedingungen durchaus gut: Die WASG hatte Unterwanderungsversuche durch Trotzkisten blockiert und über gemeinsame Programmarbeit war ein hoher Verschmelzungsgrad mit der Linkspartei erzielt worden. Gleichzeitig hatten beide Formationen Versuche einer zu intensiven Betreuung durch die Bundesvorstände abgewehrt: Die hätten gern den Bremer Bundestagsabgeordneten Axel Troost auf Listenplatz eins gesehen. Im Januar trat der gegen Erlanson an und erlitt eine böse Schlappe.

Es wird am Ende nicht am Spitzenkandidaten gelegen haben: Troost ist in Bremen kaum populärer als der in Verdi-Kreisen hochangesehene Krankenhausbetriebsrat Erlanson. Der profitiert auch davon, dass die Krise der kommunalen Kliniken gerade ein heißes Thema ist.

Allein im Wahlkampf konnten die Linkssozialisten mit ihren Inhalten kaum punkten. Auf den Podiumsdiskussionen zu konkreten landespolitischen Themen erwies sich der Erfahrungsrückstand auf etablierte Landespolitiker als zu groß: Die Linkspartei-KandidatInnen wirkten uninformiert. Andererseits ist der rhetorische Linksruck der bürgerlichen Parteien unübersehbar:

Die Mindestlohndebatte etwa hat SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen für sich im Parlament und per Unterschriftenaktion genutzt – weitgehend unbeeindruckt davon, dass die Linke hier das Copyright beansprucht. Schließlich verzichteten die Linken darauf Innensenator Röwekamp (CDU) mit seiner Rolle im Fall des nach Guantánamo verschleppten Bremers Murat Kurnaz zu quälen: Bundestagsabgeordneter Wolfgang Neskovic, der die Linkspartei im BND-Untersuchungsausschuss vertritt, war zwar Anfang April in der Hansestadt zu Gast. Gesprochen hat er aber zum Thema „Der Sozialstaat als Sozialfall“.

BENNO SCHIRRMEISTER