30 JAHRE UNTERWEGS UND KEIN BISSCHEN GREISE: DIE BALKAN-CHANSONNIERS BRATSCH

Konsequenz zahlt sich aus. 30 Jahre lang machen die fünf Musiker von Bratsch nun schon ihr Ding, ungestört von flüchtigen Trends. Seit sie sich Mitte der Siebzigerjahre für die Musik der Roma begeisterten, haben sie sich als Institution auf diesem Gebiet etabliert. Und plötzlich finden sie sich damit auf der Höhe des Zeitgeists wieder. Das ist eine schöne Geburtstagsüberraschung. Ein anderes Geburtstagsgeschenk haben sie sich mit ihrem Album „Plein Du Monde“ (EMI) gegönnt. Zum Jubiläum haben sie sich eine Menge illustrer Gäste ins Studio eingeladen, um eine Brücke zwischen Balkanklängen und französischem Chanson zu schlagen: Vom frankoalgerischen Rai-Sänger Khaled, der gleich im Eröffnungsstück in Erscheinung tritt, bis hin zum Altmeister Charles Aznavour, der ausnahmsweise ein paar Zeilen in seiner armenischen Muttersprache beisteuert, konnten sie einige große Namen gewinnen. Daneben sind auch noch die kanadisch-mexikanische Sängerin Lhasa, die israelischen Sängerin Nourith oder französische Stars wie Sanseverino und Debout Sur Le Zinc im Duett mit Bratsch zu hören. Der Albumtitel – zu Deutsch: „voller Leute“ – spielt mit dem Doppelsinn des Wortes „monde“ und kann somit auch als Anspielung auf die Welthaltigkeit ihrer Musik verstanden werden. Und eine Menge Welt ist auf „Plein du Monde“ zweifellos enthalten: Es wird auf Romanes, Russisch, Hebräisch, Französisch, Italienisch, Jiddisch, Arabisch und Armenisch gesungen, und in den Melodien von Geige und Gitarre reichen sich Klezmer und Musette, ungarischer Czardas und französisches Chanson die Hand. Nicht schlecht für ein Musikerkollektiv, das seit 1986 in gleicher Besetzung unermüdlich auf Tour ist, seine bisherige Karriere auf diese Art und Weise zu krönen – und dabei nicht nur so virtuos, sondern auch noch so frisch und unverbraucht zu klingen. BX