„Computer auf zwei Beinen“

REGIONALLEKTÜRE Werner Kopf liest aus seinen Geschichten „Hamburg meine Perlen“

■ 64, Rentner und aktiver Streetworker aus Hamburg, liest aus seinen teils fiktiven Geschichten über Hamburg.

taz: Herr Kopf, was sind Hamburger Perlen?

Werner Kopf: Das sind für mich die Hamburger Küche, die Elbe, aber auch zum Teil die etwas schrägen Menschen. Auch die Redensart ist für mich eine Perle. Der Hamburger spricht ja kein Hochdeutsch und kein Platt, sondern so ein Missingsch. Eine Geschichte heißt deshalb auch „So schnackt der Hamburger“. Diese endet damit, dass der Hamburger auf Fragen nach seinem Wohlbefinden mit ‚Gait so‘ oder ‚Muss ja‘ antwortet.

Wieso schreiben Sie gerade Kurzgeschichten über Hamburg und seine Bewohner?

Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt und habe durch mein Rentnerdasein einigermaßen viel Zeit, um mich mit den kleinen Dingen des Lebens zu beschäftigen. Geschrieben habe ich schon damals als Chefredakteur einer Schülerzeitung und bin später dazu gekommen, Geschichten zu schreiben.

Sie arbeiten ehrenamtlich in einer Obdachlosenhilfe. Inspiriert Sie die Arbeit dort zu Geschichten?

Ja, es geht auch um ernste Ereignisse. Ich fahre den Mitternachtsbus und betreue einmal in der Woche auch die Kleiderkammer im Café mit Herz. Ich schaue auf das Elend und versuche es den Leuten näher zu bringen. Dann merkt man nämlich erst, wie gut es einem geht, wenn man von oben auf das Elend schaut. Und ich liebe Menschen wegen ihrer Fehler und nicht wegen ihrer Stärken, sonst wären wir ja Computer auf zwei Beinen.

Trifft man in Ihren Geschichten auf bekannte Hamburger Gesichter?

Zu viel will ich natürlich nicht verraten, aber es gibt eine Geschichte, die heißt „Der König im Bordell“. Seit Jahrzehnten geistert die Geschichte durch Hamburg. Im Mai 1912 hat ein Hotelgast, der als Graf Kronberg bekannt geworden ist, eingecheckt. Das war jedoch der dänische König Friedrich VIII. Nun gibt es das Gerücht, dass er während des Beischlafes verstorben sei. Aber die Zeugen aus der Zeit sind rar gesät.

In einer anderen Geschichte geht es um die zehn Gebote für S-Bahn-Fahrer. Worauf sollte ich als Fahrgast unbedingt achten?

Das geht über „Du sollst nicht schwarz fahren“ bis hin zu „Du sollst dir nicht die Beine rasieren“. Das habe ich wirklich erlebt. Unglaublich, aber wahr. Ich denke, die Leute werden dabei unterhalten und gehen nicht mit einem schweren Kopf nach Hause.  INTERVIEW: SHN

Lesung: „Hamburg meine Perlen“, 20.15 Uhr, Mathilde, Bogenstraße 5