„Kugelbombe“ war Körperverletzung

KRIMINALITÄT Zwei Jahre Haft auf Bewährung für den Mann, der einen Sprengkörper auf Polizisten warf

Der Angeklagte hat die Tat gestanden, wollte aber nur „lautstarken Protest“ ausdrücken

VON MALENE GÜRGEN

BERLIN taz | Versuchter Mord war es nach Auffassung des Gerichts am Ende nicht, wohl aber gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz: Im Prozess um die „Kugelbombe“, die 2010 auf einer Demonstration in Berlin detoniert war und 14 Polizisten verletzt hatte, wurde der Hauptangeklagte Johannes E. am Montag vor dem Landgericht Berlin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung. Die beiden anderen Angeklagten wurden freigesprochen.

Im Laufe des Prozesses hatte E. gestanden, den Sprengkörper geworfen zu haben und damit die anderen Angeklagten entlastet. Mit der „Kugelbombe“, einem in Deutschland nicht zugelassenen chinesischen Feuerwerkskörper, habe er „lautstarken Protest“ ausdrücken wollen, sagte E. Dass durch die Detonation Menschen verletzt werden könnten, habe „komplett außerhalb“ seiner Vorstellungen gelegen.

In der Urteilsbegründung sagte der Richter, dass er dem Angeklagten hier glaube und eine Verurteilung wegen versuchten Mordes, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, deswegen nicht in Frage komme. Es handle sich gleichwohl um „keine Kleinigkeit“, die beiden als Nebenkläger aufgetretenen Polizeibeamten hätten neben ihren Verletzungen auch „große psychische Belastungen“ davongetragen.

Die Explosion auf einer linken Großdemonstration gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem „Angriff auf die Demokratie“, der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach warnte vor einer „Gewaltspirale wie in den 70er Jahren“. Das Demonstrationsbündnis distanzierte sich von der Aktion, warnte aber, der Vorfall könne als Anlass für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit genutzt werden.

Den Versuch einer solchen Einschränkung sah die Verteidigung in der ursprünglichen Anklage wegen versuchten Mordes. „Mit diesem Versuch, Menschen davon abzuschrecken, ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen, ist die Staatsanwaltschaft glücklicherweise gescheitert“, kommentierte Anwalt Sven Lindemann das Urteil.

Nicht nur das Geständnis, sondern auch der Umstand, dass die Tat über vier Jahre zurückliegt, wirkten sich strafmildernd für E. aus. Der Angeklagte, der nicht vorbestraft war und seit der Tat nicht erneut straffällig wurde, hatte sich für seine Tat entschuldigt. Er habe einen Fehler gemacht, sei aber reifer geworden. Neben der Bewährungsstrafe wurde E. außerdem zur Zahlung von insgesamt 3.500 Euro an die beiden Nebenkläger verurteilt.