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Ein ehemaliger Angestellter von Juventus Turin gewährt Einblicke in das einst florierende Bestechungsgeschäft

TURIN dpa ■ Eines der letzten großen Geheimnisse im italienischen Liga-Manipulationsskandal scheint gelüftet: Die korrupten Schieds- und Linienrichter wurden von Juventus Turin offenbar mit wertvollen Uhren im Wert von jeweils rund 12.500 Euro und anderen Geschenken für ihr Wohlwollen gegenüber dem italienischen Rekordmeister bezahlt. Dem ehemaligen Schiedsrichter-Koordinator Pierluigi Pairetto sei sogar ein Motorrad geschenkt worden. Dies behauptet der ehemalige Juve-Angestellte Maurizio Capobianco. Der italienische Fußballverband und die Staatsanwaltschaft Neapel wollen Capobianco anhören.

Auch Journalisten sollen von Juves Ex-Manager Luciano Moggi mit großzügigen Geschenken für Juve-freundliche Berichte belohnt worden sein. Außerdem seien verdeckt Gelder an Fan-Gruppen und an die Spielervermittlung GEA geflossen, die sich zum Teil in Besitz von Moggis Sohn Alessandro befand.

Detailliert beschreibt der von 1984 bis 2005 bei Juve beschäftigte Capobianco das ausgeklügelte Belohnungssystem beim italienischen Rekordmeister. Pairetto habe schon 1999 ein Motorrad bekommen und seines Wissens nach nie bezahlt oder zurückgegeben. 2005 seien dann im großen Stil Schiedsrichter mit Luxus-Uhren versorgt worden.

Über eine Firma namens Semana seien auch Fan-Gruppen unterstützt worden. Die Semana gehört nach einem Bericht der La Gazzetta dello Sport zu 30 Prozent Juventus Turin. Über mehrere Beteiligungen steht hinter dem Mehrheitsanteil der Semana auch die Familie Grande Stevens. Franzo Grande Stevens wiederum ist der Anwalt der Familie Agnelli und Ehrenpräsident von Juventus Turin.

Juventus wies in einer Erklärung darauf hin, dass sich der Club mit dem 2005 entlassenen Juve-Angestellten in einem Rechtsstreit befinde. „Seine Äußerungen erscheinen deshalb in klarer Absicht zustande gekommen zu sein“, teilte der Club mit. Man werde sich mit Capobianco vor Gericht auseinandersetzen. Auch Moggi sieht in Capobiancos Enthüllungen einen Racheakt für seine Entlassung. „Ich bin mehr als gelassen“, sagte Italiens gestürzter Fußball-Pate.

Juve war im Sommer vergangenen Jahres zum Zwangsabstieg in die Serie B verurteilt worden, in der der Rekordmeister unmittelbar vor dem Wiederaufstieg in die Serie A steht. Außerdem war Juve der Meistertitel 2006 aberkannt worden. Moggi wurde vom Sportgericht mit einem Berufsverbot von fünf Jahren belegt. Zivilrechtliche Prozesse gegen ihn stehen noch aus.