Gezicke um Energienetze

RÜCKKAUFSDISKUSSION FDP-Frontfrau Katja Suding wittert postsozialistische Kapitalismus-Feinde, die Opposition beklagt den unausgereiften SPD-Plan

9.000 der für einen Volksentscheid nötigen 75.000 Unterschriften hatte die Volksinitiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ bis Dienstagabend zusammen.

■ Die Unterschriftensammlung läuft noch bis zum 22. Juni. Unterschriftenlisten liegen in den Bezirks- und Ortsämtern aus.

■ Nach Auffassung der GAL soll das städtische Unternehmen Hamburg Wasser den Rückkauf ohne Steuergeld finanzieren. Falls Hamburg Wasser Kredite aufnehmen muss, sollen diese aus den zu erwartenden Renditen bedient werden.

Verbalradikalismus ist ihre Stärke. Am Mittwochabend holte die FDP-Frontfrau Katja Suding in der Bürgerschaft die verbale Keule gegen die Befürworter eines Rückkaufs der Energieversorgungsnetze raus, beklagte deren „postsozialistische Staatswirtschaftliebe“ und „herbeigeredete Panik vor angeblichen Privatisierungstendenzen“.

Es gehe darum, eine „Verstaatlichung der Energienetze“ zu verhindern, wie von der „völlig überflüssig gewordenen Volksinitiative“ und auch den im Hamburger Parlament sitzenden „Vattenfall-Feinden und so genannten Kapitalismus-Kritikern“ gefordert werde, sagte Suding.

Als Reaktion erntete sie Häme von allen Parteien außer ihrer eigenen. Monika Schaal (SPD) machte darauf aufmerksam, dass der jetzige Netzbetreiber Vattenfall „zu hundert Prozent ein schwedischer Staatskonzern“ sei, somit von Verstaatlichung nur schwer die Rede sein könne. Außerdem sei unklar, „wen Frau Suding mit diesem Gespenst noch schrecken wolle.“

Jens Kerstan (GAL) betonte, dass wenn Suding und die FDP nach der Bankenkrise noch das Hohelied der sich selbst regulierenden Marktwirtschaft anstimmten, sie sich nicht wundern dürften, wenn sie in der politischen Bedeutungslosigkeit versänken. Heike Sudmann (Linke) sagte, dass die FDP immer dann Verstaatlichungen fordere, wenn es wie bei der Hypo Real Estate-Bank darum gehe, Milliardenverluste zu sozialisieren, die Partei von Staatseigentum aber nichts wissen wolle, wenn wie bei den Versorgungsnetzen Gewinne erwartet werden können.

Häme für die FDP, Kopfschütteln dagegen für die von Bürgermeister Olaf Scholz entworfene SPD-Strategie, sich mit 25,1 Prozent an den Netzen zu beteiligen. Ein solcher Vorschlag bedeute „minimaler Einfluss zum maximalen Preis“, zürnte Thomas Kluth (FDP) und sei deshalb herausgeworfenes Geld. „Sie können mit den 25,1 Prozent nichts bewegen“, attestierte er.

Anja Hajduk (GAL) warf der SPD vor, „mit dem Märchen von der Nichtfinanzierbarkeit eines Netzrückkaufs“ hausieren zu gehen und mit dem Finanzargument immer mehr politische Projekte zu erschlagen, „die sie aus anderen Gründen nicht will.“

Die RednerInnen der SPD blieben ihren KritikerInnen die Antwort auf die Frage schuldig, welchen Einfluss sie glaubten, mit einer Minderheitsbeteiligung erzielen zu können. MAC