Keine Gewalt: Linke Kuscheln gegen G8

Zahlreiche Gruppen in NRW mobilisieren gemeinsam gegen den Weltwirtschaftsgipfel im Juni. Das Spektrum reicht von den Grünen bis zur Antifa. Der Landesverfassungsschutz verzichtet auf Hausbesuche: „Keine organisierte Gewalt“

DÜSSELDORF taz ■ Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen blickt dem G8-Gipfel entspannt entgegen. Hausbesuche der Polizei bei autonomen ProtestlerInnen seien nicht geplant, heißt es im zuständigen Landesinnenministerium: „Wir haben keine Erkenntnisse, dass gewaltbereite Gruppen organisiert zum G8-Gipfel reisen“, sagt Sprecher Ludger Harmeier. In NRW sei die linksradikale Szene weniger dominant als in anderen Ländern. Es gebe „keinen Grund, zu dramatisieren“, so Harmeier.

Die G8-kritischen Parteien im Land solidarisieren sich derweil mit den außerparlamentarischen Protestgruppen. Die Hausdurchsuchungen der Polizei in zahlreichen linken Zentren in Nord- und Ostdeutschland vor über einer Woche werden in allen Lagern verurteilt. Damit wollte die Bundesanwaltschaft angeblich möglichen Anschlägen während des Weltwirtschaftsgipfels vorbeugen. Für „völlig überzogen“ hält die Grünen-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger die Durchsuchungen: „Die haben eher die Bereitschaft gestärkt, sich gegen den Gipfel zu engagieren“, sagte sie der taz. Ganz ähnlich sieht das Thomas Bose, Sprecher der Düsseldorfer Antifa: „Der Repressionsschlag war eine gute Werbung für den Protest. Viele Leute sagen sich: Jetzt erst recht.“

Auch wenn aus Berlin und Hamburg sicher die meisten Szenelinken zu den Gegenaktionen reisen würden, laufe die Mobilisierung in NRW bisher gut an. Berührungsängste mit etablierten Parteien gebe es da kaum: „Da herrscht insgesamt eine solidarische, freundliche Stimmung untereinander“, sagt Bose. Die Antifa stehe in Kontakt zu Gruppen wie Attac, Sozialforen und habe auch kein Problem, wenn sich ParteienvertreterInnen an Mobilisierungsveranstaltungen beteiligen. Am 2. Juni wollen alle Gruppen gemeinsam auf einer Großdemonstration durch Rostock gehen, darunter auch Mitglieder der Grünen und der WASG in NRW. Unter anderem haben Attac, die Gewerkschaft Verdi und die Antifa Reisebusse bestellt, die etwa von Dortmund, Köln, Wuppertal oder Bonn aus nach Rostock fahren.

Außer vielen Antifa-Gruppen beteiligen sich auch PolitikerInnen der Linkspartei an der Initiative „Block G8“, die zu Massenblockaden während des Gipfels aufruft. Auf der Unterstützerliste steht unter anderem die Dortmunder Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. Die Linkspartei macht sogar zähneknirschend Kompromisse, um den gemeinsamen Protest nicht zu gefährden: „Obwohl unsere Fraktionschefs im Bundestag auf der Kundgebung am 2. Juni nicht sprechen dürfen, haben wir Flugblätter zur Mobilisierung von unabhängigen Gruppen mit Geld unterstützt“, sagte Michael Kretschmer, Geschäftsstellenleiter der NRW-Linkspartei.

Nur bei den Themen unterscheiden sich die einzelnen Gruppen mehr oder weniger stark voneinander. Während die Grünen von den acht Staatschefs auf dem Gipfel vor allem einen stärkeren Einsatz für den Klimaschutz fordern, will die Linkspartei sich für mehr Freiheitsrechte stark machen. Die Antifa Düsseldorf lehne solche „Appelle an die Herrschenden“ grundsätzlich ab, sagt Sprecher Bose. „Wir wollen das Problem Kapitalismus grundsätzlich anpacken.“

Um gegen den G8-Gipfel zu mobilisieren, findet heute und morgen im Essener Jugendzentrum in der Papestraße ein Kulturfestival statt. Organisiert vom „G8 Bündnis Rhein-Ruhr“ beschäftigen sich dort zahlreiche Workshops mit Themen wie Entwicklungspolitik, Bildung und Umweltfragen im Rahmen des G8-Gipfels. Auch dabei: ein Blockadeworkshop der Antifa.MORITZ SCHRÖDER