Ungetüme aus Worten und Steinen

Der Schriftsteller Ralph Giordano warnt vor Moscheeprojekt in Köln – und findet sich in schlechter Gesellschaft wieder

KÖLN taz ■ Ralph Giordano sagt, dass er mit heftigen Reaktionen gerechnet habe. „Aber dass ich jetzt in die rechte Ecke gestellt werde, ist allein aufgrund meiner Biografie absolut lächerlich“, findet der wegen seiner jüdischen Mutter von den Nazis verfolgte Schriftsteller. Und doch ist die Konstellation seltsam: Für die rechtsextreme Bürgerbewegung Pro Köln ist Giordano mit einem mal der Kronzeuge im Kampf gegen den Bau einer Zentralmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld geworden.

Hinter dem Bauvorhaben steht Ditib, der größte Dachverband der Muslime in Deutschland, der eng mit dem Religionsministerium in der Türkei kooperiert. In einem vom Kölner Stadt-Anzeiger organisierten Streitgespräch mit dem Ditib-Dialogbeauftragten Bekir Alboga hatte Giordano die Stadt dazu aufgerufen, das Großprojekt zu stoppen. Die Integration der muslimischen Minderheit in Deutschland sei gescheitert, der Moscheebau täusche hingegen das Gegenteil vor, argumentierte der Schriftsteller. Zudem seien die Bürger vorher nicht gefragt worden, ob sie ein solches Gotteshaus tatsächlich haben wollten. Im Gespräch mit der taz legte Giordano gestern nach: „Ich bin gegen eine Inflation sakraler muslimischer Großbauten“, sagte er. Zudem sei das Modell ein „architektonisches Ungetüm“.

Giordanos Meinung wird in Köln allerdings nur ganz rechts außen geteilt: Während Vertreter aller demokratischen Parteien und CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma den Moscheebau unterstützen, lobte Pro Köln die „profilierte Stellungnahme“ des Schriftstellers. Trotz einer „seit Jahren offensiv gepflegten Gegnerschaft“ könne Giordanos Engagement hilfreich sein, hieß es in einer Erklärung der Rechtsextremen. Pro Köln demonstriert seit Bekanntwerden der Pläne gegen den Bau der Moschee, die nach dem Willen von Ditib zwei 55 Meter hohe Minarette bekommen soll.

Muslimische Vertreter wiesen Giordanos Kritik am angeblichen Misslingen der Integration zurück. Der Bau in Ehrenfeld solle ebendiese sichtbar machen, sagte Ditib-Mann Alboga. Eine Sprecherin des Zentralrats der Muslime in Deutschland schloss sich dieser Position an: „Ansonsten haben wir Giordanos Äußerungen zur Kenntnis genommen“, sagte sie der taz. Die Stadt Köln versicherte, dass die Anwohner bei zwei Informationsveranstaltungen noch ausreichend Gelegenheit bekommen würden, ihre Meinung zur neuen Moschee zu äußern. Am 26. Mai wollen die Chefs aller Ratsfraktionen und der Oberbürgermeister gemeinsam im Stadtteil für den Bau werben. Die Kölner Linkspartei forderte gestern eine Entschuldigung Giordanos.

Die allerdings will Giordano nicht abgeben. Stattdessen verwies er darauf, dass er trotz aller Meinungsverschiedenheiten „keine friedliche Alternative“ zur Integration der Muslime sehe. Für Pro Köln habe er dagegen nur Verachtung übrig: „Wenn die zeitgenössische lokale Variante des Nationalsozialismus könnte, wie sie wollte, würde sie mich in eine Gaskammer stecken.“

KLAUS JANSEN

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