OLIVIA JONES, DRAG-QUEEN
: Die Gespachtelte

■ 41, aber „gefühlte 28“, ist so einiges, aber nichts so richtig. Wohnt auf St. Pauli, mag gern RTL und alles mit pink. Foto: dpa

Mit ihren zwei Metern stakst Olivia Jones durch die Halle mit den kleinen Braunen: Als Reporterin des NDR-Satire-Magazins „Extra 3“ hat sie sich für die niedersächsische NPD-Veranstaltung besonders fein gemacht: Dicke blonde Zöpfe mit Schleifen, graue Strickjacke, Kniestrümpfe, frei nach dem Bund Deutscher Mädel. „Hallihallo, hier ist ja ’ne Mörderstimmung!“, ruft sie und haucht dem Spitzenkandidaten „Mein kleines braunes Häschen“ zu. Dieser Auftritt ist mittlerweile zwei Jahre her, das Video auf Youtube wurde seitdem fast zwei Millionen Mal geklickt.

Ja, Olivia Jones ist nicht nur prominent, sie ist auch politisch – und sozial. Deshalb versteigert sie heute auch Sexspielzeug auf dem Hamburger Spielbudenplatz. Sie will damit einer verschuldeten Bremer Familie helfen. Mit dabei: Ein Kamerateam von RTL. Denn Olivia Jones ist vor allem eins: eine tüchtige Geschäftsfrau, die sich zu vermarkten weiß. Mittlerweile betreibt sie in ihrem Kiez zwei Olivia-Jones-Bars, es gibt Olivia-Jones-Hafenrundfahrten, Olivia-Jones-Kiez-Safaris und Lebkuchenherzen mit ihrem Antlitz, für das sie jeden Tag zwei Stunden vor dem Spiegel steht. „Der Spachtelmassenverbrauch hat in letzter Zeit leider etwas zugenommen“, sagt sie der taz. Jahr für Jahr nehmen die Falten zu, die sie „zufugen“ muss.

Wenn sie nicht gerade arbeitet, ist Olivia Jones ein Mann. Oliver K., geboren in Springe bei Hannover, probierte als 15-Jähriger, ganz klassisch, die Pumps seiner Mutter.

Seit 20 Jahren nun stolziert Olivia als Drag-Queen auf St. Pauli. 2004 hat sie für die Hamburger Bürgerschaft kandidiert. „Symbolisch“ sollte diese Kandidatur sein, hätte sie es geschafft, wäre ihr Sitz leer geblieben. Sie wollte erreichen, „dass die gewählten Politiker sich bitte nicht als Auserwählte der Mehrheit fühlen sollen, solange die Mehrheit niemanden wählt“. Olivia Jones wurde nicht gewählt, hat ihr Wahlziel aber erreicht: Der Rechtspopulist Ronald Schill scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde. Nun denkt sie wieder über eine politische Karriere nach. Schließlich ist doch in Reykjavik „mit so ’ner Schnaps-Idee“ ein Comedian zum Bürgermeister gewählt worden. EMS