eine geste der versöhnung von RALF SOTSCHECK
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Das Rugbyspiel liegt zwar schon gut eine Woche zurück, aber die Iren sprechen immer noch davon. Schließlich gibt es nicht viele Sportarten, in denen sie gegen den Erzrivalen England die Oberhand behalten – noch dazu mit dem Rekordergebnis von 43 zu 13.

Das Dubliner Stadion Croke Park war mit 80.000 Zuschauern ausverkauft, im Fernsehen verfolgten 1,2 Millionen Menschen das Spiel. Gibt es tatsächlich so viele Rugbyfans auf der Grünen Insel? Mitnichten. Doch im Vorfeld des Spiels hatte es jede Menge Aufregung gegeben, denn bei ihrem letzten Besuch im Croke Park während des Unabhängigkeitskriegs 1921 hatten die Engländer 13 Menschen erschossen. Weil das Rugbystadion gerade renoviert wird, sollte nun im Heiligtum der gälischen Sportarten, in dem englische Spiele wie Rugby oder Fußball bisher verboten waren, die englische Nationalhymne erklingen?

Vor dem Stadion gab es deshalb eine Protestveranstaltung. Einer der Demonstranten hielt ein riesiges Plakat hoch, auf dem stand: „Keine ausländischen Sportarten!“ Der junge Mann trug einen Trainingsanzug des schottischen Fußballvereins Celtic Glasgow, wodurch sein Protest erheblich an Überzeugungskraft einbüßte. Im Stadion verlief alles ohne Zwischenfälle. Bei der englischen Nationalhymne wurde es im Stadion so still, dass die Engländer mit einer irischen List rechneten: Handelte es sich bei der Meldung des irischen Staatsfunks RTE etwa doch nicht um eine Ente? Der Sender hatte verkündet, dass sich die britische und irische Regierung auf eine Geste der Versöhnung geeinigt hätten: Nach den Nationalhymnen sollten 13 Engländer erschossen werden – als Ausgleich für die leidige Sache von damals.

„Offen gesagt ist das ein kleiner Preis für die Verbesserung der anglo-irischen Beziehungen“, zitierte RTE den britischen Premierminister Tony Blair. Aber er lehnte es ab, das Erschießungskommando von Ray Houghton kommandieren zu lassen. „Das wäre zu viel für englische Fans, hat doch Houghton 1988 den Siegtreffer gegen uns beim Fußballspiel im Stuttgarter Neckarstadion erzielt.“

Einigkeit herrschte laut RTE dagegen, dass der weinerliche Sänger James Blunt, die Big-Brother-Rassistin Jade Goody und der Manchester-United-Verteidiger Rio Ferdinand erschossen werden müssen. Auch Bono, der Sänger der grausigen Rock-Kapelle U2, gehöre auf die Liste, fanden beide Regierungen. Lediglich über seine Nationalität gab es Streit. Die Engländer behaupteten, er sei Ire, weil er in Dublin geboren ist, während die Iren entgegneten, er sei Engländer, seit ihn die englische Königin Anfang des Jahres geadelt habe. Man verständigte sich schließlich darauf, ihn ungeachtet seiner Nationalität zu erschießen.

Vermutlich hat sich Brian Ashton, der Trainer des englischen Teams, nach dem Spiel gewünscht, dass die RTE-Meldung keine Ente sei und man ihm den Gnadenschuss verpassen würde. Er hatte die höchste Niederlage in der 124-jährigen englischen Rugby-Geschichte kassiert. Allerdings war er auch am höchsten Sieg aller Zeiten beteiligt, als England vor zehn Jahren gegen Irland mit 46:6 gewann. Leider war Ashton damals ebenfalls auf der falschen Seite. Er war Trainer der irischen Mannschaft.