Ein Gutachten ist nicht genug

Eigentlich war er nur ein bisschen Nazi. Wuppertal streitet weiter um den Eduard von der Heydt-Kunstpreis

Trotz eines Gutachtens geht in Wuppertal der Streit um die Namensgebung des Kulturpreises der Stadt weiter. Über die Frage, ob die Trophäe nach einem unpolitischen Mitläufer des Nationalsozialismus benannt sein dürfe, diskutiert die Stadt bereits seit Mitte letzten Jahres. Denn der Preis, der bis 1957 schlicht „Kulturpreis der Stadt Wuppertal“ hieß, wurde damals nach Eduard von der Heydt benannt. Der war bedeutender Kunstsammler und seine Gemälde-sammlung bildet den Grundstock des Wuppertaler Von der Heydt-Museums. Ein guter Grund auch den Kulturpreis nach ihm zu benennen. Doch der Experte für ostasiatische Kunst hat sich nicht nur als Kunstsammler verdient gemacht. Der Sohn der national-konservativen Elberfelder Familie von der Heydt war von 1933 bis 1938 Mitglied der NSDAP und erledigte während des Zweiten Weltkriegs von der Schweiz aus Bankgeschäfte für die so genannte „Abwehr“, den Nachrichtendienst der Wehrmacht. Für Kritiker war das ein Grund, gegen die Namensgebung zu protestieren.

Die Stadt Wuppertal gab also eine Untersuchung in Auftrag, deren Ergebnisse Anfang des Monats der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Ergebnis: „Eduard von der Heydt war ein nicht sehr mutiger Mann, der seiner Obsession, dem Kunstsammeln unterlag. Aber er war kein Täter und kein Antisemit“, sagt Michael Knieriem, Leiter des historischen Zentrums der Stadt Wuppertal, der taz. Er hat die Untersuchungen geführt. Eduard von der Heydt habe sich auch nie öffentlich antisemitisch geäußert und wenn er dies privat in Briefen getan habe, sei dies vor dem Hintergrund „großer Emotionen“ oder einer „traumatischen Erfahrung“ zu sehen und spiegele „oft nur eine spontane Stimmungslage“ wider. Alles gut?

Nein. Damit seien die Vorwürfe nicht vom Tisch. Hajo Jahn, Vorsitzender der Wuppertaler Else-Lasker-Schüler Gesellschaft und einer der Initiatoren der Debatte kritisiert, dass nicht alle vorhandenen Quellen ausgewertet worden seien. „Es sei spürbar, dass versucht werde Entschuldigungen und Erklärungen für das Verhalten von der Heydts zu finden“, sagt er. Diese Vermutung finde ihren Halt in der wenig glücklichen Art mit der Michael Knierim von der Heydt von dem Vorwurf des Antisemitismus freispricht. Für einen nationalsozialistischen Ideologen hält auch Jahn den umstrittenen Mäzen nicht, die Grenze zwischen Mitläufer und Täter sei aber fließend. „Mir geht es nicht um die Verurteilung Eduard von der Heydts, aber ein Kulturpreis, der von den Bürgern der Stadt vergeben wird, sollte nicht nach ihm benannt sein.“

Die Forschungsergebnisse sollen Grundlage für die weitere öffentliche Diskussion sein, sagt Marlis Drevermann, Kulturdezernentin der Stadt Wuppertal. An deren Ende die Entscheidung des Stadtrates über den Namen des Preises stehe. Sie wolle aber auch jetzt keine Empfehlung für oder gegen eine Umbenennung geben. Das sei allein Sache des Stadtrates. Bis diese Entscheidung getroffen ist, bleibt die Verleihung des Preises ausgesetzt. Aber der Preis, der normalerweise im Laufe des Jahres 2007 verliehen würde, verfalle nicht. „Der kann auch noch Anfang 2008 vergeben werden“, sagt Drevermann. NIHAD EL-KAYED