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Ministerpräsident Jürgen Rüttgers will dem Ingenieursmangel im Land mit dem Bau von drei neuen Fachhochschulen begegnen – doch schon jetzt sind technische Studiengänge nicht ausgelastet

VON KLAUS JANSEN

Nordrhein-Westfalens Ingenieure lehnen den Vorschlag von Jürgen Rüttgers ab, mit dem Bau neuer Fachhochschulen gegen den Mangel an qualifizierten Fachkräften in technischen Berufen anzugehen. „Es wäre wirtschaftlicher, die bestehenden Einrichtungen zu stärken“, sagte der Landesvertreter des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), Johannes Firsbach. „Neue Hochschulen bedeuten immer auch neue Verwaltungskosten“, sagte er der taz. Auch der Rektor der renommierten Aachener FH, Manfred Schulte-Zurhausen, nannte die Pläne des Ministerpräsidenten „nicht nachvollziehbar“.

In einem Brief an die CDU-Basis hatte Rüttgers den Bau von drei neuen Fachhochschulen angekündigt. Er wolle „in die Leitmärkte der Zukunft“ investieren, erklärte der Regierungschef in dem anlässlich des zweijährigen Jubiläums seines Landtagswahlsiegs verfassten Schreiben. Rüttgers begründete die Entscheidung mit dem drohenden Mangel an Naturwissenschaftlern, vor allem an Ingenieuren.

Tatsächlich hatte das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln erst in der vergangenen Woche errechnet, dass bundesweit rund 48.000 Ingenieure fehlen. Oliver Koppel, Autor der Studie, lobte gestern die Pläne der NRW-Landesregierung: „Es ist besser, etwas zu tun, als die alte Leier anzustimmen und nach ausländischen Fachkräften zu rufen“, sagte er der taz. Der Wirtschaftswissenschaftler geht davon aus, dass das zusätzliche Angebot an Studienplätzen tatsächlich zu mehr Nachfrage führt: „Das ist vergleichbar mit dem Bau einer Straße: Erst wenn sie fertig ist, wird sie auch befahren“, sagte er.

Die Vertreter der betroffenen Berufsgruppen sehen das indes anders. VDI-Landeschef Firsbach verwies darauf, dass aktuell lediglich 60 bis 70 Prozent der Studienplätze in technischen Fächern ausgelastet seien. Vor allem die hohen Anforderungen und die mangelnde Vorbereitung an den Schulen schreckten viele Abiturienten ab, sagte er. Wichtiger als der Neubau von Hochschulen sei deshalb, dass die Betreuung an den Hochschulen verbessert werde: „An manchen Unis und Fachhochschulen in Deutschland kommt auf 300 Studenten ein Professor, in den USA ist das Verhältnis an vielen Orten 20 zu eins“, sagte er. Der Aachener Rektor Schulte-Zurhausen regte an, junge Menschen mit einem integrierten Schulfach aus Technik, Naturwissenschaften und Mathematik an Ingenieurberufe heranzuführen.

Auch die Landtags-Opposition wies Rüttgers‘ Vorschlag als „Symbolpolitik“ zurück. Bildungsexperten von SPD und Grünen forderten Rüttgers auf, zunächst die Studiengebühren zurückzunehmen, bevor er an neue Hochschulen denke. Von der Kritik schrecken lassen will sich das Land jedoch nicht: Obwohl es bislang weder ein Budget, noch einen Zeitplan oder einen Standort für die neuen FHs gebe, bleibe der Bau „ein erklärtes politisches Ziel“, sagte ein Regierungssprecher.