Ausgewandert?

NESSIE Während vor Stockholm angeblich ein U-Boot gesichtet wird, ist es im Loch Ness erstaunlich ruhig

Angus McKenzie ist besorgt. Er starrt seit Tagen auf den See, doch alles bleibt ruhig. Der See ist Loch Ness im Norden Schottlands, Heimat von Nessie, dem Ungeheuer. Jedenfalls bisher. McKenzie betreibt die offizielle Loch-Ness-Monsterausstellung in Drumnadrochit, wo der Coiltie und der Enrick in den Loch Ness führen. Er lebt von Nessie.

„Wir wissen, dass Nessie nationalistisch eingestellt ist“, sagt McKenzie, ein kleiner, älterer Herr mit Schottenrock und karierter Tweed-Mütze. „Das Ergebnis des Referendums über Schottlands Unabhängigkeit im vorigen Monat war eine große Enttäuschung für das Tier. Wir befürchten, dass es Schottland nach fast 1.500 Jahren den Rücken gekehrt hat.“

Zum ersten Mal ist es im Jahr 565 aufgetaucht, als es einen Mönch angriff, der im See badete. Der heilige Columban, zu dessen Gefolgschaft der Mönch gehörte, bekreuzigte sich geschwind, und Nessie suchte das Weite. 1933 tauchte es wieder auf. Es gibt mehr als tausend Augenzeugenberichte von Menschen, denen Nessie begegnet ist.

„Viele haben versucht, Nessies Versteck zu finden“, sagt McKenzie, „aber Loch Ness ist bis zu 300 Meter tief, er ist trüb.“ Plötzlich kommt Bewegung in die Wasseroberfläche, McKenzie ist aufgeregt. Das Wasser dreht sich in einer Art Strudel, erst langsam, dann schneller, und schließlich kommt etwas Braunes, Glänzendes zum Vorschein. Es ist ein U-Boot mit einer russischen Fahne am Heck. Dann sinkt es wieder hinab. McKenzie denkt nun über die Gründung eines U-Boot-Museums nach. RALF SOTSCHECK