Ehec-Erreger O104 in Bach gefunden

EPIDEMIE Die positive Wasserprobe stammt aus der Nähe einer Kläranlage in Frankfurt am Main

Der Keim wird von Infizierten ausgeschieden und gelangt so in Kläranlagen

VON JOST MAURIN

BERLIN taz | In einem hessischen Bach ist der lebensgefährliche Ehec-Erreger O104:H4 nachgewiesen worden. Die Wasserprobe sei dem Frankfurter Erlenbach in der Nähe einer Kläranlage entnommen worden, teilte das Sozialministerium in Wiesbaden am Freitagabend mit. Kläranlagen verringerten zwar die im Wasser enthaltenen Keime. „Damit ist das gereinigte Abwasser aber nicht hygienisch unbelastet.“ Denkbar ist deshalb, dass der Erreger von einem Infizierten ausgeschieden wurde und über die Kläranlage in den Bach gelangte.

In der Nähe des Erlenbachs steht auch ein Bauernhof, auf dessen Salat Ehec-Keime gefunden wurden. Allerdings handelte es sich laut Behörden nicht um den aggressiven Typ, der für die Anfang Mai begonnene Welle von Ehec-Infektionen verantwortlich ist. Sie hat bislang mindestens 38 Todesfälle verursacht.

Zwei an das Gewässer angrenzende Höfe dürfen nun nicht mehr das Wasser für die Bewässerung oder das Waschen von Kartoffeln, Zuckerrüben und Stärkekartoffeln benutzen. Kleingärtner in der Nähe wurden aufgefordert, keine Produkte zu essen, die zuvor mit Wasser aus dem Erlenbach gewässert wurden. Zudem rieten die Behörden davon ab, in hessischen Fließgewässern zu baden. Um weitere Infektionen zu verhindern, sollten die Menschen derzeit auch besonders streng darauf achten, sich nach jedem Toilettenbesuch und vor dem Essen die Hände zu waschen. Wenn Anfang der Woche weitere Laborergebnisse vorliegen, wollen die Ämter über zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen entscheiden.

Eine Verbindung des Baches zur Trinkwasserversorgung gebe es nicht, erklärte das Sozialministerium weiter. Es bestehe daher keine Gefahr einer Verunreinigung des Trinkwassers.

Unterdessen verlangte der Rostocker Epidemiologe Emil Reisinger: „Um schneller Erkenntnisse über das Krankheitsgeschehen und den Ursprung zu erhalten, müssen die Bögen zur Patientenbefragung eher bereitstehen.“ Dazu sollten entsprechende Fragebögen schon vor einer Epidemie ausgearbeitet sein, die dann beim Auftreten einer neuen Seuche schnell angepasst werden können. „Wenn man bei Ehec früher auf die Quelle gekommen wäre, hätte man einige Fälle verhindern können“, sagte Reisinger der Nachrichtenagentur dpa. Es hatte Mitte Mai nach Bekanntwerden des vermehrten Auftretens von Durchfallerkrankungen mehrere Tage gedauert, bis die Fragebögen zur Verfügung standen.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte an, das Meldesystem zu verbessern. Bislang kann es Wochen dauern, bis die Bundesbehörde Robert-Koch-Institut von Ansteckungen erfährt, da Krankenhäuser und kommunale Ämter Infektionen auch per Post melden dürfen und dafür lange Fristen eingeräumt bekommen.

Seit die Ehec-Neuinfektionen zurückgehen, essen 85 Prozent der Deutschen wieder Gurken, Salat und Tomaten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts im Auftrag der Bild am Sonntag. Obwohl Sprossen als Ursache des Ehec-Ausbruchs gelten, verzichteten 15 Prozent der Bundesbürger weiterhin auf Gurken, Salat und Tomaten, berichtete das Blatt. Vor dem rohen Verzehr dieses Gemüses war anfangs gewarnt worden.