Regierung hält am Kavaliersdelikt fest

Scharfe Kritik am Entwurf des Anti-Doping-Gesetzes. Politiker und Sportfunktionäre fordern Strafbarkeit

Die Grünen wollen einen echten Straftatbestand „Sportbetrug“ ins Gesetz schreiben

BERLIN taz ■ Am Tag des spektakulären Doppelgeständnisses der Ex-Telekom-Profis Rolf Aldag und Erik Zabel sollte im Bundestag eigentlich das Antidopinggesetz verabschiedet werden. So war das vor Wochen noch geplant. Aber der Bundesrat hatte derartig viele Einwände gegen den Entwurf der Bundesregierung, dass der erst einmal auf Eis gelegt wurde.

Für Winfried Hermann, sportpolitischen Sprecher der Grünen, sind die Äußerungen von Bundesinnenminister Schäuble, der nun eine schnelle Verabschiedung fordert, nicht nachzuvollziehen. Schon als vor einem Jahr die spanische Blutdopingaffäre aufkam, sei das Geschrei groß gewesen. Passiert sei seitdem wenig. Die Äußerungen Schäubles, der sich über die „mafiösen Netzwerke“ im Radsport echauffiert hatte, bezeichnete Hermann als „geheucheltes Entsetzen“.

Der Gesetzentwurf sei nicht mehr als eine sachte Erweiterung des Arzneimittelgesetzes, das bislang schon die Weitergabe von Medikamenten zum Zwecke der Leistungsmanipulation unter Strafe stellt. Hermann befürchtet, dass sich die neuen Regelungen als zahnlos erweisen. Zwar soll nun auch der Besitz von „nicht geringen“ Mengen an Dopingmitteln geahndet und das Strafmaß für organisierten Handel mit Dopingmitteln erhöht werden. Doch dopende Sportler könnten nach wie vor davon ausgehen, so Hermann, dass sie sich nicht vor ordentlichen Gerichten verantworten müssen.

Der Vizepräsident des Internationalen Leichtathletikverbandes IAAF, Helmut Digel, sähe es lieber (siehe Interview Seite 23), wenn es eine Strafandrohung schon für den Besitz „kleinster Mengen“ gäbe. Es sei „Heuchelei“, wenn Politiker sich jetzt erschüttert zeigten. Sie hätten jahrzehntelang verabsäumt, zu handeln.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) forderte eine Kronzeugenregelung, um Sportler zu bewegen, nicht nur verjährte Delikte zu gestehen. Noch weiter geht in dieser Hinsicht der sportpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Danckert. Er forderte eine Amnestie für geständige Manipulateure. Winfried Hermann dagegen will einen echten Straftatbestand „Sportbetrug“ ins Gesetz schreiben. Der Grüne setzt dabei auf Abschreckwirkung. ARUE