AUS ISTANBUL
: „Realistischer Plan fehlt“

Beim IS handelt es sich nicht nur um eine Terrororganisation, die wir auf das Chaos im Irak und in Syrien zurückführen können. IS ist eine Antwort auf bestehende Probleme: Egal ob er vernichtet wird oder nicht, wird er bleibende Spuren in der Region hinterlassen. Wenn er beseitigt wird, tritt eine andere Kraft an seine Stelle.

Weil das internationale System und die Regionalstaaten nicht den richtigen Blick auf das Problem haben, werden die Krisen langfristig nur noch chronischer.

Die – unsichtbare – Ursache für die aktuellen Auseinandersetzungen in der Region ist der langjährige arabisch-iranische Konflikt. Dazugekommen ist die Rebellion der Basis gegen die lokalen arabischen Regime. In diesem Vakuum übt der IS eine terroristische Macht aus – aber auch die Organisationen der Kurden, die PYD und PKK, sind terroristisch.

Die Türkei will den Konflikten in der Region nicht über diese unfähigen Organisationen begegnen, sondern über Problemlösungen für die unzufriedenen Massen. Wer die Türkei dazu zwingt, mit der PYD gegen den IS zusammenzuarbeiten, gießt nur Öl ins Feuer eines kurdisch-arabischen Kriegs, der so schnell nicht beendet sein wird.

Einen Frieden wird es nicht gegeneinander, sondern nur miteinander geben; wir brauchen einen realistischen Plan und wirksame Gremien.

Türken, Kurden und Araber brauchen einen gemeinsamen Weg in die Zukunft. JG

Ibrahim Karagül, Chefredakteur der regierungsnahen türkischen Tageszeitung Yeni Safak