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CHRISTEL BURGHOFF GENERATION CAMPERAndernach, die essbare Stadt am Rhein!

Was soll man von einer Stadt halten, die sich als „essbar“ bezeichnet? Knusper, knusper, knäuschen? Andernach am schönen Rhein ist eine steinalte Stadt. Gegründet von Römern. Mit Gemäuern, die jedem Knabberversuch trotzen. Trotzdem nennt sich Andernach „Die essbare Stadt“.

An der Touristeninfo geraten wir in eine Stadtführung und merken schnell, dass es in Andernach tatsächlich etwas anders zugeht als anderswo. Dass es um die Natur dieser Stadt geht, ums Grün, ums Gärtnern. Auf Blumenrabatten wachsen neben attraktiven Stauden Kohlköpfe und Tomaten und Zucchini, und durch die gepflegten Rasenflächen der Rheinuferpromenade schlängeln sich Schneisen von Wildblumen.

Diese Stadt hat ihre Grünanlagen gründlich umgegraben. Sie pflegt einen kreativen Umgang mit Grünzeug jeder Art. Besonders an der Stadtmauer, wo jetzt Wein wächst und Obst. Daneben ranken rot blühende Stangenbohnen, und neben Rosen gedeihen Fenchel und Mangold. Und immer wieder Erbsen, Erdbeeren und Zwiebeln und, und …

Das ist Urban Gardening – würde man anderswo sagen. Und es ist so menschenfreundlich, wie es sein sollte. Niemand musste die Stadt dazu drängen – die Initiative ging von der öffentlichen Hand selbst aus. Weil sie ursprünglich nach einer günstigen Lösung für die kostenintensiven Pflege der Blumenbeete suchte, wie uns der Stadtführer erklärt. Nun pflegen seit einigen Jahren städtische Gärtner zusammen mit einer Arbeitsloseninitiative lauter öffentliches Gemüse. Und das Schönste daran: Alle in Andernach dürfen ernten! Was ein komisches Gefühl ist, wenn man, was öffentliches Grün betrifft, immer nur Verbote kennt.

Die neueste Errungenschaft ist eine Schar Hühner, die im Gras des Schlossgrabens pickt und scharrt. Ein Bild des Friedens. Ein Hingucker. Auch essbar? Auch der stolze Hahn? Wir tippen auf „Verboten“. Trotzdem: Ein Glück für die Hühner, dass sich noch niemand an ihnen vergriffen hat. Das Motto „essbare Stadt“ ist irgendwie verwirrend.

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