Weiße Schrift auf blauem Grund

ABSCHIED Auf der Suche nach einem Gedichtband von Ko Un

Einmal hatte ich ein Buch von Ko Un, verlegt in der Bibliothek Suhrkamp, ich erinnere mich des Schutzumschlags mit weißer Schrift auf blauem Grund. In der kleinen Ostasienabteilung meines Bücherregals fand ich ein Buch aus der Bibliothek Suhrkamp, den Schutzumschlag mit weißer Schrift auf blauem Grund. Es waren die „Eroberungszüge“ von Yasushi Inoue und darin das Gedicht „Hart / klirrt ein Kieselstein. / Es ist Herbst.“ Eine Verwechslung scheint mir unwahrscheinlich. Ich erinnere die Gedichte von Ko Un sehr viel wortreicher und ohne dass sie mir den Atem stocken gemacht hätten. In den allgemeineren Beständen fand ich, wo es hätte stehen müssen, einen Band mit Gedichten von Giuseppe Ungaretti und darin das Gedicht „Mattina // M’illumino / d’immenso“, das einmal Ingeborg Bachmann ins Deutsche gebracht hat. „Morgen // Ich erleuchte mich / durch Unermessliches“. Die Lektüre der Gedichte von Ko Un mag sich lohnen oder nicht, die Suche nach ihnen lohnt sich allemal.

RICHARD NÖBEL

Der Autor war langjähriger Layouter in der taz, in dieser Woche ging er in Vorruhestand. Er schrieb diesen Text für den Fall, dass Ko Un den Literaturnobelpreis kriegen würde. Zwar hat der koreanische Lyriker den Preis dieses Jahr wieder nicht bekommen – aber nun drucken wir diese Suche nach ihm eben zum Abschied von Richard Nöbel. Vielleicht passt das sogar besser.