GEHT’S NOCH?
: Die Casino-Kraft

IN NRW SOLLEN ZWEI WARHOL-GEMÄLDE VERZOCKT WERDEN, UM DIE LANDESEIGENE SPIELBANK ZU SANIEREN

Es ist höchste Zeit, die landeseigenen Spielbanken einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Zu schauen, wie sie wirtschaften und wie sie mit der politischen Klasse verbunden sind. Dass es bei ihnen weniger kriminell zugehen sollte als bei den von Politikern jeder Couleur so geschätzten Landesbanken, mit denen die Öffentlichkeit in der Finanzkrise ihre teuren Erfahrungen machte, ist nicht anzunehmen.

Das ist eine Erkenntnis anlässlich der Auseinandersetzung um die geplante Versteigerung des „Triple Elvis“ und der „Four Marlons“ von Andy Warhol bei Christie’s in New York. Die Gemälde stammen aus dem Spielcasino Westspiel in Aachen. Seit Jahren schreibt dieses Unternehmen, das heute sinnigerweise eine Tochter der NRW-Bank ist, rote Zahlen, und jetzt möchte es sich – man glaubt es nicht – mit den erwarteten 100 Millionen der Warhols sanieren. Und weil für die Westspiel Verluste zu machen ohne Konsequenzen bleibt – Nordrhein-Westfalens Landesregierung schießt dann ja Geld zu – will man gleich noch in Köln ein neues Casino bauen. Wenn Geschäftsmodelle sich nicht bewähren, ist das doch kein Grund, davon Abstand zu nehmen! Es spricht Bände, dass die Landesregierung, allen voran Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die Versteigerung der Warhols wie den Casinoneubau verteidigt. Wer da wen mit welchen Mitteln unter Druck setzen kann, würde man doch zu gerne wissen.

Um es deutlich zu sagen, eine Versteigerung von Kunstwerken aus öffentlichem Besitz, im Auftrag oder mit Billigung staatlicher Stellen, die dann in New York noch die deutsche Mehrwertsteuer umgehen, ist indiskutabel. Und erst recht absolut indiskutabel ist die Versicherung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die Landesregierung habe „nicht die Absicht, Kunst aus direktem Besitz des Landes zum Zweck der Haushaltskonsolidierung zu veräußern“. Eine solche Versicherung ist vollkommen unverständlich, wenn genau dieser Vorgang geplant ist beziehungsweise gerade vollzogen wird. Am 11. November sind die Warhols für immer weg, und NRW ist pleite wie eh und je. BRIGITTE WERNEBURG