demokratie
: Belgien-Lösung für OWL

Ostwestfalen hat null Bock auf Demokratie. Naja, nicht wirklich null. 27 Prozent der Wahlbeteiligten nahmen an der Landrats-Stichwahl in Minden-Lübbecke am Pfingstsonntag teil. Das ist sehr wenig und ein historischer Tiefstwert bei einer Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Es darf keine parteipolitische Frage sein, ob die Demokratie mangels Interesse irrelevant wird. Danach sehen aber leider die Reaktionen aus: Die Regierung verharmlost das Wahlresultat. Und die Opposition schaut auf die Gemeindereform, die alles angeblich noch schlimmer macht. Besser wäre eine gemeinsame Suche aller Demokratie-Anhänger nach einer Lösung: Wie lassen sich Wahlen vor den Nichtwählern retten?

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Mit mehr politischer Bildung, werden jetzt Volks- und Sozialpädagogen einwerfen. Mit besserer Politik und attraktiveren Politikerinnen und Politikern? Gewiss, das wäre nicht schlecht. Aber ein rasanter Qualitätsanstieg der politischen Debatte oder des Parteien-Personals ist nicht zu erwarten.

Möglicherweise brauchen wir in NRW eine Wahlpflicht, wie sie in zahlreichen Staaten wie Australien oder Chile bereits besteht – mit meist positiven Erfahrungen. Es ist nicht einzusehen, warum die finanzielle Beteiligung am Gemeinwesen über Steuern Pflicht ist – die Partizipation an der Auswahl derer, die diese Steuergelder ausgeben, aber nicht. Der Zwang zum Urnengang würde bisherige Nichtwähler zudem dazu bringen, sich wenigstens ab und zu mit den Regeln unserer Demokratie zu beschäftigen: Was macht ein Landrat? Wieso ist dieser politische Chef eines Kreises wichtig und was hat er mit Kindergärten und einer guten Infrastruktur zu tun, die ja alle vom Staat erwarten? Harte Geldbußen oder gar Gefängnisstrafen für Nichtwähler sind falsch. Aber wie wäre es mit der Gesetzesregelung aus dem Nachbarland Belgien: Nichtwähler müssen 50 Euro Strafe zahlen – werden aber von der Staatsanwaltschaft nicht verfolgt. Die Wahlbeteiligung ist trotzdem höher als in Minden-Lübbecke.