Israels Arbeitspartei gegen Olmert

Bei Wahlen zum neuen Vorsitzenden gehen Barak und Ayalon in die Endrunde

JERUSALEM taz ■ So wenig Israels Premierminister Ehud Olmert das Ergebnis der internen Wahlen bei der Arbeitspartei überrascht haben dürfte, so wenig kommt es ihm gelegen. Die beiden Wettstreiter um das Amt des Parteivorsitzenden Ehud Barak, ehemals Premierminister, und Ami Ayalon, ehemals Chef des inländischen Geheimdienstes Schin Beth, die sich für den zweiten Wahlgang Mitte Juni qualifizierten, sind erklärte Gegner einer fortgesetzten Koalition unter dem amtierenden Regierungschef. Olmerts Verbündeter, der Nochverteidigungsminister Amir Peretz, wurde bei der Urabstimmung der etwa 100.000 Genossinnen und Genossen am Montag nur mit gut 20 Prozent der Stimmen bedacht und scheidet damit aus dem Rennen aus.

Der dramatische Popularitätsschwund von Peretz, der erst vor 18 Monaten die Parteiführung übernahm, ist auf einen folgenschweren Fehler zurückzuführen: Der ehemalige Gewerkschaftschef ging auf Olmerts Angebot ein, Verteidigungsminister zu werden. Damit verabschiedete er sich von seiner sozialpolitischen Agenda, um ein Amt zu übernehmen, für das er in keiner Weise qualifiziert war.

Der Libanonkrieg und der folgende Bericht der Winograd-Untersuchungskommission, die sowohl Olmert als auch Peretz ein Armutszeugnis ausstellte, war für den gescheiterten Parteivorsitzenden nur noch der Tropfen im überlaufenden Fass. Peretz hatte schon vor Monaten angekündigt, das Amt des Verteidigungsministers abzugeben und Olmert auf der Anklagebank allein zurückzulassen, egal, wie die Genossen entscheiden würden.

Als unverzeihlich empfanden seine früheren Anhänger die Abkehr des einstigen Arbeiterführers von dem Ziel, soziale Ungerechtigkeiten zu bekämpfen. Gerade diejenigen, die wie der aus Marokko stammende Peretz der Gruppe der sozial schwächeren orientalischen Juden angehören, fühlten sich betrogen.

Das Endspiel machen nun wieder zwei Kandidaten unter sich aus, die sich schon aufgrund ihrer Herkunft mit deutlich weniger Hindernissen in die Reihe der Nachfolger David Ben-Gurions einfügen. Beide sind Aschkenasen (europäischer und osteuropäischer Abstammung) und beide sind in Kibbuzim aufgewachsen. Zusätzlich günstig für den Sympathiepegel ist ihre langjährige Erfahrung im Sicherheitsbereich, eine Qualität, die im Zuge des Kriegsdesasters und der aktuellen Bedrohung durch palästinensische Kassam-Raketen an Gewicht gewinnt.

Ayalon genießt laut Umfragen unter den Wählern der drei am Montag ausgeschiedenen Gegenkandidaten einen deutlichen Vorsprung. Rund 5.000 Stimmen trennen ihn von Barak, der mit 35,6 Prozent als Sieger aus der ersten Runde ging. Mit den Ausschlag für die zweite Wahlrunde, bei der eine relative Mehrheit genügt, dürfte das Peretz-Lager geben, das vorläufig unentschieden ist. „Es geht uns nicht in erster Linie um eine personelle Entscheidung“, kommentierte Erziehungsministerin Juli Tamir, Verbündete von Amir Peretz, „sondern um die Richtung“.

SUSANNE KNAUL

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