Pausenhof in den Wolken

In der Hafencity-Grundschule bekommen die Schüler ihre Haupt-Pausenfläche auf dem Dach und kaum Auslauf zu ebener Erde. Carola Veit (SPD) will die Hafencity durch den Familien-TÜV schicken

VON KAIJA KUTTER UND KATRIN BONNY

Bleibt es bei der ursprünglichen Planung, die der SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann jüngst als „Hasenkäfig auf dem Dach“ verspottete, oder hat der Senat noch mal nachgebessert? Das war die spannende Frage, als Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) gestern die Pläne für die neue Schule in der Hafencity vorstellte.

Zunächst sah es so aus, als ob letzteres der Fall wäre. Tatsächlich hat das kompakte fünfstöckige Gebäude, in das die heutige Schule am Katharinenkirchhof mit rund 375 Kindern ziehen soll, eine 1.142 Quadratmeter große Pausenfläche auf dem Dach, umringt von einer drei bis vier Meter hohen Schutzwand, an der Wein ranken soll. Dinges-Dierig betonte, dass die Schule daneben noch eine ebenerdige Freifläche von 835 Quadratmetern habe. „Und es gibt einen Fußballbolzplatz im angrenzenden Park“, fügte ihr Sprecher Alexander Luckow hinzu.

Ein Blick auf die gestern verteilte Computergrafik lässt diese Freifläche recht großzügig erscheinen. Architektin Ingrid Spengler erläuterte allerdings, dass man das Nachbargebäude nur schemenhaft angedeutet habe, um einen Blick auf die Fassade zu ermöglichen. Nüchtern betrachtet, kann man den sehr lang gezogenen zweiten Hof auch als Abstandsfläche zum nächsten Bürohaus bezeichnen.

Die Architekten vom Büro „Spengler und Wiescholek“ haben sich Mühe gegeben, damit den Kindern davon möglichst viel freie Fläche bleibt. Müllcontainer und Lehrerparkplätze sind im Keller untergebracht.

„Es bleibt dabei, dass der eigentliche Schulhof auf dem Dach ist“, bemängelt die SPD-Familienpolitikerin Carola Veit. „So zeigt man keine Wertschätzung für Kinder“. Zudem zöge es auf so hohen Häusern „wie Hechtsuppe“. Die gestrigen Angaben der Senatorin entsprechen exakt denen, die Veit im April auf eine kleine Anfrage hin bekam. Zwar sind die zusammengerechnet 1.977 Quadratmeter Hoffläche sogar etwas mehr, als neuen Schulen dieser Größe laut „Musterraumprogramm“ zustünden. Wie groß Pausenhöfe vergleichbarer Schulen aber tatsächlich sind, mochte der Senat Veit nicht beantworten. Sie befürchtet, dass den Schülern wenig Platz für Sport und Bewegung im Freien bleibt. Auch bei anderen Gebäuden in der Hafencity seien ihr schon merkwürdige, platzsparende Planungen für Kinder aufgefallen. „Mal ist der Spielplatz auf dem Dach im zweiten Stock, einmal sogar unter Glas.“ Für Veit ein Fall für den senatseigenen „Familien-TÜV“.

Abgesehen von der strittigen Hoffrage ist der Schulneubau, der im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) realisiert wird, in vielerlei Hinsicht vorbildlich. Es gibt eine Solar- und eine Regenwassernutzungsanlage, eine Kindertagesstätte ist gleich nebenan. Sämtliche Funktionen sind in den Bau integriert, inklusive Mensa und Sporthalle. Und ein Lichthof ermöglicht natürliche Belichtung und Belüftung. „Die Schule sieht anders aus“, sagt Architektin Spengler, „sie birgt ganz besondere städtische Qualitäten.“