Business as usual

Bertelsmann ist mit Schuldenabbau beschäftigt und erhebt die Vorsicht zur obersten Strategie-Maxime

Es war die größte Transaktion in der Unternehmensgeschichte, und Bertelsmann kaut noch dran: Der 4,5 Milliarden Euro teure Aktienrückkauf Mitte 2006 sorgt dafür, dass sich Deutschlands größtes Medienunternehmen auch dieses Jahr in erster Linie mit Schuldenabbau beschäftigt. „Investitionszurückhaltung bis Ende 2007“ nennt das Finanzchef Thomas Rabe formvollendet. Ab 2008 stehen dann wieder ein paar Milliarden für Investitionen zur Verfügung.

Bertelsmann hatte auf Wunsch der Eigentümerfamilie Mohn die 25,1-prozentige Beteiligung des belgischen Finanziers Albert Frère zurückgekauft, um einen Börsengang zu verhindern und wieder die vollständige Kontrolle zu erlangen: Aktionäre sind nun nur noch die Mohns und die Bertelsmann-Stiftung.

Auch wenn damals einzelne Vorstände als offen für die Börsenoption galten, ist längst Ruhe eingekehrt: Der scheidende Konzernchef Gunter Thielen lobpreiste bei seiner letzten Bilanzpräsentation die Weisheit des Schritts, der dem Konzern die „strategische Freiheit“ sichere.

Bis Ende 2007 soll der durch den Rückkauf aufgetürmte Schuldenberg wieder auf Normalmaß geschrumpft sein, und „das beste Jahr, das Bertelsmann je hatte“ hilft dabei: Umsatz – gut 19 Milliarden Euro (2005: 17,9) – wie operatives Ergebnis – 1,86 Milliarden Euro (2005: 1,6) liegen über dem Vorjahr. Selbst die Buchklubs in Deutschland schreiben wieder schwarze Zahlen. Und so durfte sich der hierfür verantwortliche Direct-Group-Vorstand Ewald Walgenbach über ein besonders „stolzes Lob“ des Vorstandschefs freuen.

Doch statt Honigkuchenpferdgrinsen guckte Walgenbach zur Thielen-Rede eher mufflig drein. Schließlich hat nicht er, sondern Hartmut Ostrowski, Chef der Dienstleistungssparte Avarto, das Rennen um die Konzernspitze gemacht. Thielen rückt nun 2008 nach alter Bertelsmann-Tradition in die Stiftung auf – und Ostrowski verbat sich gestern jede Frage zum künftigen Job.

Wirklich Spannendes ist bis zur Stabübergabe kaum zu erwarten: Bertelsmann will mit einem gemeinsam mit der Citigroup und Morgan Stanley aufzulegendem Equity-Fonds selbst ein bisschen Heuschrecke spielen, natürlich in den engen Grenzen der Unternehmensgrundsätze. Die Digitalisierung und Web-2.0-Eroberung werden mit dem Schlachtruf „Kein Risiko!“ fortgesetzt – denn im Internet gilt laut Thielen nun mal auch, „wer zu früh kommt, den bestraft das Leben“.

Und selbst beim altmodischen Medium Buch muss weiter gewartet werden: Erfolgsgarant Dan Brown („Sakrileg“) schreibt noch, und auch Buchsparten-Chef Peter Olson würde gerne wissen, „wann er endlich fertig ist“. STEFFEN GRIMBERG