Datensammlung gegen „Mietnomaden“

Eigentümer haben Angst vor zahlungsunfähigen Mietern, die Wohnungen mit offenen Rechnungen verlassen. Gefundenes Fressen für private Schuldnerkarteien: Sie sammeln sensible Infos über Bewerber und verkaufen sie. Mieterschützer besorgt

AUS BERLIN VEIT MEDICK

Beim heute beginnenden Deutschen Mietertag in Stuttgart wird ein heikles Thema wieder hochkochen: Immer mehr Vermieter greifen auf Datenbanken zurück, die Negativinformationen über Mieter sammeln – um Bewerber vorab zu durchleuchten und sich so vor zahlungsunfähigen „Mietnomaden“ zu schützen.

Doch die Anbieter von Schutzkarteien bewegen sich oft in einer rechtlichen Grauzone. „Hier wird die Grenze zwischen nachvollziehbaren Informationsinteressen des Vermieters und den Datenschutzrechten betroffener Mietinteressenten überschritten“, sagte Franz-Georg Rips, Direktor des Deutschen Mieterbundes, der taz. Zudem führe der öffentlichkeitswirksame Begriff der „Mietnomaden“ zu unbegründeter Hysterie. „Mit weniger als eineinhalb Prozent der Mieter ist das nicht wirklich ein aktuelles Problem“, erklärt Rips.

Private Datensammler, wie etwa die Vermieterschutzkartei Deutschland (VSK), verfügen inzwischen über mehr als 40 Millionen Negativmerkmale von 7,6 Millionen Mietern. Darunter finden sich Angaben zu Zwangsvollstreckungen und Insolvenzverfahren ebenso wie über Mahnbescheide, nicht bezahlte Leasingraten und Haftanordnungen. Als Quellen dienen die öffentlichen Schuldnerverzeichnisse, Inkassounternehmen sowie Einzelfallinformationen von Vermietern. Kostenpflichtig können Vermieter im Internet die Bonitätsüberprüfungen vornehmen.

„Wilde Geschäftemacher“ nennt Rolf Gaßmann, Vorsitzender des Stuttgarter Mietervereins, die so genannten Auskunfteien. Jeder, der einmal Zahlungsschwierigkeiten gehabt habe, drohe in die Kartei zu rutschen und bei der Suche nach einer Wohnung erheblich benachteiligt zu werden. Auch eine zu Recht nicht bezahlte Telefonrechnung könne letztlich schon ein Ausschlusskriterium sein.

Referent Alexander Rasic von der Vermieterschutzkartei VSK betont: „Nur Informationen, die allgemein zugänglich sind, werden beauskunftet.“ Mieterschutzbünde beklagen allerdings schon seit langem die erhebliche Intransparenz der Auskunfteien. Sehr fraglich sei etwa, ob die Betroffenen immer erführen, dass über sie Informationen gesammelt würden. Oft sei zudem unklar, ob überhaupt ein berechtigtes Interesse an einer Bonitätsüberprüfung vorliege, beklagt Gaßmann.

Die VSK wurde Ende letzten Jahres in diesen Punkten bereits abgemahnt: Das Innenministerium Baden-Württemberg forderte von dem Unternehmen, das mit dem ersten Preis beim „Startup-Wettbewerb 2006“ in der Kategorie „Konzept Baden-Württemberg“ ausgezeichnet wurde, Änderungen in der Praxis der Ausforschung von Mietern. Diese „formalen Änderungen“ sind inzwischen vorgenommen worden, sagt Rasic.

Seit neuestem bietet das Unternehmen ein eigenes Bewertungssystem. Negativmieter erhalten darin entsprechend ihrer Versäumnisse eine Note zwischen eins und sechs, um Vermietern die Einstufung von Interessenten zu erleichtern.