Karrieristischer Freihandels-Apologet

Robert Zoellick soll Nachfolger von Paul Wolfowitz an der Spitze der Weltbank werden. Das gab US-Präsident George W. Bush gestern bekannt. Damit ist der 53-Jährige am vorläufigen Ziel seiner Träume angelangt: Schon 2004 wäre er gerne an Wolfowitz’ Stelle auf den Posten gerückt, akzeptierte damals aber, aus persönlicher Loyalität, wie manche schrieben, Condoleezza Rice’ Ruf, als ihr Vize ins Außenministerium einzuziehen. Andere meinen, Zoellick habe sich nicht durch eine Ablehnung weitere Karrieremöglichkeiten verbauen wollen. Im Juli letzten Jahres hatte er genug und ging als Manager zur Investitionsbank Goldman Sachs.

Im State Department hatte Zoellick schon unter den Präsidenten Ronald Reagan und George Bush senior gedient. Aus dieser Zeit stammt auch das deutsche Bundesverdienstkreuz des Karrierediplomaten: Für seine Rolle als US-Chefunterhändler bei den 2+4-Verhandlungen über die deutsche Einheit wurde er hierzulande ausgezeichnet.

Während der Präsidentschaft Bill Clintons überwinterte der loyale Republikaner und Harvard-Jurist gut dotiert beim Eigenheimfinanzierer Fannie Mae, bei dem er bereits in den 80ern vor Beginn seiner Karriere in öffentlichen Ämtern gearbeitet hatte.

In den meisten Porträts wird Zoellick als unideologischer Pragmatiker vorgestellt. Im Vergleich zu neokonservativen Vorkämpfern wie seinem Vorgänger Paul Wolfowitz mag das stimmig erscheinen. Doch es trifft nur halb: Bob Zoellick ist ein fanatischer Apologet des Freihandels, ein Ideologe des unregulierten Kapitalismus – jedenfalls da, wo es US-Interessen hilft. Als Handelsbeauftragter der Bush-Regierung 2001 bis 2005 initiierte er bilaterale Freihandelsverträge mit Zentral- und Lateinamerika, organisierte Chinas und Taiwans Beitritt zur Welthandelsorganisation und die ersten Schritte der Doha-Runde, die bis heute nicht vorangekommen ist.

Es gilt als sicher, dass Zoellick im 24-köpfigen Beirat der Weltbank Zustimmung finden wird. Doch falls die Bush-Regierung, wie einige Blätter berichten, tatsächlich nicht einmal informelle Konsultationen mit den anderen Regierungen geführt haben sollte, droht bei Zoellicks Bestätigung Ärger. Zwar wird der Weltbank-Chef traditionell von den USA bestimmt, während die Europäer den Chef des Internationalen Währungsfonds aussuchen, doch manche Schwellenländer sind schon lange nicht mehr bereit, das zu akzeptieren.

Robert Zoellick wird das kaum anfechten. Er will den Posten. Und wenn ihm schon immer etwas wirklich wichtig war, dann die eigene Karriere.

BERND PICKERT

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